Scale The Summit - V

Review

Gut möglich, dass viele Hörer die neue Platte der US-Instrumental-Progger SCALE THE SUMMIT nach dem ersten Durchlauf als seelenloses Gefrickel abtun. Es wäre durchaus verständlich. Denn „V“ stellt sich als genauso verschachtelt, verspielt und schwer greifbar heraus, wie die vorangegangenen Werke erwarten ließen. Wie wahrscheinlich kaum eine andere Platte in diesem Jahr fordert das fünfte Studioalbum der Texaner vom Hörer unglaublich viel Geduld und Engagement: Aberwitzige Skalen müssen entschlüsselt, krudeste Taktschemen dechiffriert und wild mäandernde Melodiefolgen nachvollzogen werden. Die gute Nachricht ist: Irgendwann offenbart „V“ seine Klasse. Die denkbar schlechte: Das kann dauern.

Erschwerend kommt hinzu, dass „V“ nicht wirklich als „Album im klassischen Sinne“ verstanden werden kann, sondern vielmehr als wabernder Prog-Soundtrack gesehen (und natürlich gehört) werden muss, bei dem die Grenzen zwischen den einzelnen Songs verschwimmen. Als alleinstehende Kompositionen funktionieren dabei am ehesten noch das sphärische „Stolas“, das angejazzt wiegende „Oort Cloud“ sowie „Trapped In Ice“, welches insbesondere im ambientartigen Schlusspart tatsächlich Assoziationen mit weißkalten, endlosen Landschaften hervorruft. Insgesamt gilt aber: „V“ muss zwingend am Stück konsumiert und auch als Gesamtwerk betrachtet werden.

Hat sich der Hörer erst einmal mit den vorherrschenden schwierigen Gegebenheiten arrangiert, wächst „V“ mit jedem Durchlauf. SCALE THE SUMMIT bezirzen den Hörer dabei fortwährend mit den mannigfaltigen Facetten ihres Sounds, seien dies spacig-ausladende Klänge („Pontus Euxinus“), etwas rauere, akzentuierte Riffpatterns („The Isle Of Mull“) oder aber hektisch-vertrackte Griffbrettattacken („Blue Sun“).

Das Problem ist nur: Auch wenn sich die Platte dem Hörer im Laufe der Zeit immer mehr öffnet, bleiben einigen Türen für immer verschlossen. Soll heißen: In manchen Phasen der Scheibe agieren SCALE THE SUMMIT einfach zu verkopft und setzen in puncto Dynamik zu wenige Akzente, um den Hörer durchgängig mit heruntergeklappter Kinnlade vor der Anlage zu halten, wie das beispielsweise zuletzt ANIMALS AS LEADERS fertigbrachten. Damit ist „V“ am Ende zwar ein in technischer und musikalischer Hinsicht über alle Zweifel erhabenes Album, das allerdings mühsam entdeckt werden will. Was SCALE THE SUMMIT dabei in Kauf nehmen müssen: Viele Hörer werden unterwegs entnervt kapitulieren.

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27.09.2015

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