Es ist so eine zwiespältige Sache mit ausgeprägtem Progressive Metal. Hier hat man es mit vier gehörig talentierten Instrumentalisten zu tun, einen Sänger gibt es nicht, gab es auch auf keinem der bisherigen Alben und wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nie geben. Das spricht keineswegs für die lockere Diät-Marmelade, die man sich morgens auf das Brötchen schmiert, sondern durchweg für anspruchsvolle Kost für offene Köpfe und Querdenker. Da keimt sogar ein bisschen Angst vor technischem Anspruch als Selbstzweck und massiver Verkopfung auf, doch dem nehmen SCALE THE SUMMIT relativ schnell den Wind aus den Segeln. Denn gerade der überspannende Faktor ist es, der “The Migration“ zu einem außergewöhnlich starken Werk macht, das sowohl durch musikalische Brillanz, als auch atmosphärische Dichte glänzt.
Für die Texaner sind Instrumente, Noten und Kompositionen offenbar keine pragmatischen Dinge, sondern regelrechte Spielwiesen, auf denen sie sich sowohl handwerklich als auch emotional vollends austoben können. “The Migration“ sprießt nur so vor ausufernder Spielfreude, fast schon kindlich fantastischen Ideen und wunderbaren Umsetzungen. Die logischerweise nahtlos passende Produktion, die jeden Ton bis ins Mark vordringen lässt, an dieser Stelle Tür und Tor, mal einen Schritt in die “Burtonsche“ Welt von SCALE THE SUMMIT zu wagen. Das vierte Album der Amerikaner ist sehnsüchtig, wehleidig, fantasievoll und dynamisch zugleich. Hier zeichnen sich Bilder und Orte, die lediglich vor dem geistigen Auge existieren und existieren können.
Eigentlich könnte man hier sämtliche Stücke nochmals zerteilen und als Beispiele dafür auseinandernehmen, wie vielschichtig und durchdacht SCALE THE SUMMIT auf dieser Platte vorgehen. So beginnt etwa “Oracle“ mit einem unendlich träumerischen Moment, bevor es sich zu einem verspielten Progressive-Track schlängelt. Dabei verlieren die Jungs zu keiner Zeit den Draht zum Songwriting, bleiben immer spannend und lassen auch nach dem x-ten Durchlauf noch genügend Spielraum für Neuentdeckungen. Im Grunde bleibt damit nichts anderes zu sagen, dass “The Migration“ ein gänzlich beeindruckendes, erlebenswertes Werk geworden ist.
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