Im Zuge der Wiederveröffentlichung des SAVATAGE-Katalogs ist nun auch das ursprünglich 1985 erschiene zweite – sofern man „The Dungeons Are Calling“ nur als EP zählt – Album „Power Of The Night“ an der Reihe. Es war jenes, dass der US-amerikanischen Power-Metal-Institution mit größerem Label und Budget im Rücken erstmals weltweite Aufmerksamkeit bescherte; dabei einen ersten, zaghaften Schritt auf dem Weg vom harten, geradlinigen Metal des starken 83er-Debüts „Sirens“ zum späteren Bombast machte.
Das eröffnende Trio – Titelstück, „Unusual“ und „Warriors“ – überzeugt gleich mit den knackigen, galoppierenden Gitarrenläufen Chriss Olivas und den sich ins Hirn fressenden Gesangslinien („Raise The Fist Of The Metal Child“, „There’s A Light At The End Of The Hall“ und „Warriors Of The World“) seines Bruders Jon, der auch an seinen kraftvollen Schreien nicht spart. Bei diesem imponierenden Beginn können die nachfolgenden Nummern nicht mithalten, sei es der radiotaugliche Rocker „Hard For Love“ oder die zwar schnellen und aggressiven, aber darüber hinaus einfach nichts Besonderes bietenden Nummern „Washed Out“ und „Skull Session“. Immerhin erhebt sich der von dezenten Keyboards untermalte Stampfer „Fountain Of Youth“ noch einmal etwas aus dem zunehmend verflachenden, weniger mitreißenden Material. Zum Schluss kredenzen SAVATAGE mit „In The Dream“ die erste Ballade der Bandgeschichte, die im Kontrast zum noch relativ wilden, energischen Rest der Scheibe steht und einen Vorgeschmack auf zukünftige Entwicklungen bietet, leider aber (auch) nicht packt.
Als Bonus folgen zwei 1990 mitgeschnittene Live-Versionen von „Hounds“ vom „Gutter Ballet“-Album und „City Beneath The Surface“, ein Stück aus den Anfängen der Band, erstmals auf dem 83er-Demo zu hören. Es bleibt unklar, warum man sich bei earMUSIC für Live-Zugaben zweier Lieder entschieden hat, die weder in der „Power Of The Night“-Ära entstanden, noch auf einem der Konzerte in dieser Zeit aufgezeichnet wurden. Leider ist auch „Power Of The Night“ wie alle SAVATAGE-Re-Releases aus gleichem Hause ein fürchterliches, sammlerunfreundliches Digipack – sobald man die Dinger auspackt, ablegt oder irgendwo hinstellt, sorgen auch schon kleinste Katschen und Kratzer für unschöne Abnutzungserscheinungen. Wann stirbt diese Digipack-Unsitte endlich aus? Das Booklet erscheint übrigens etwas mager, so gibt es auf gerade einmal zwei Seiten lediglich Anmerkungen von Oliva zu den einzelnen Stücken.
Von manchen als eines DER klassischen Metal-Alben überhaupt in den Himmel gelobt, von anderen zum biederen Durchschnitt deklariert, ist „Power Of The Night“ irgendwo dazwischen anzusiedeln, vielleicht ein bißchen näher an der zweiten Einschätzung: Das Werk kann anfangs mit zwei, drei echten Metal-Hymnen aufwarten, fällt aber in der zweiten Hälfe merklich ab. Zu ähnlich großer Form wie auf dem Debüt sollten SAVATAGE erst wieder mit „Hall Of The Mountain King“ und „Gutter Ballet“ auflaufen, zuvor galt es mit dem Karrieretiefpunkt „Fight For The Rock“ von 1986 noch ein ausgetrocknetes Tal zu durchschreiten.
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