Satyricon - Now, Diabolical

Review

„Now, Diabolical“ ist ein sehr seltsamer Titel für ein Album. Doch er spiegelt genau das wider, was sich hinter ihm verbirgt. Auf ihrem sechsten Album verfolgen Satyr und Frost ihre Vision des Black Metal mit unfassbarer Konsequenz weiter. Was mit dem für viele nicht nachvollziehbaren Bruch durch „Rebel Extravaganza“ begann und auf „Volcano“ fortgesetzt wurde, erreicht mit „Now, Diabolical“ nunmehr seinen Höhe- und aller Wahrscheinlichkeit nach auch seinen Wendepunkt. Das Album setzt die Reduktion der musikalischen Variation derart stringent fort, dass ein weiterer Schritt in dieser Richtung für mein Empfinden schlicht nicht mehr machbar ist. Satyr hat das bereits extrem simpel gehaltene „Volcano“ auf einen Sockel gestellt und es mit gewaltigen, aber präzisen Hammerschlägen aller verzierender Details entledigt, bis schließlich nur ein einziger nackter, pechschwarzer Kern übrig geblieben ist, der keine weitere Reduktion zulässt. Die Essenz, die bereits in „Volcano“ steckte, liegt nun in reinster Form frei. „Now, Diabolical“ ist ein musikalisches Atom – die kleinste mögliche Einheit, von perfekter Reinheit, nicht weiter reduzierbar, aber voll gefährlicher Energie.
„Volcano“ war bereits sehr schlicht gehalten und von offener Bösartigkeit. „Now, Diabolical“ ist noch viel extremer. „Now, Diabolical“ ist minimalistischer, bösartiger, schwärzer und monotoner.
Dieser monolithische Eindruck zieht sich durch jedes der Stücke, deren Variation sich lediglich in Details vollzieht. Geschwindigkeitswechsel sucht man mit der Lupe. Die Kompositionen legen viel Wert auf das Spiel mit unterschiedlichen Rhythmen und das beharrliche Wiederholen einzelner, extrem ausdrucksstarker Riffs, die ihr Erleben besonders in hypnotischen Songs wie „The Pentagram Burns“, „To The Mountains“ oder dem passend betitelten „Delirium“ bis zur Trance steigern. Schmückendes Beiwerk gibt es bis auf den Einsatz dramatisierender Fanfaren in „The Pentagram Burns“ und „The Rite Of Our Cross“ ebenso wenig wie Blast Beats oder Soli. Das ist aber auch überhaupt nicht notwendig, denn aus dieser ungeheuren Simplizität schöpft das Album unbändige Kraft. „Now, Diabolical“ ist zelebrierter Minimalismus, gelebte Finsternis, perfektionierte Monotonie.
Was vom Black Metal übrig bleibt, wenn man Spikes und Corpsepaint abzieht, dürfte in den meisten Fällen nicht mehr viel sein. Spätestens mit „Now, Diabolical“ haben SATYRICON jedoch genau das getan und beschwören seinen innersten Kern, der vollkommen ohne prätentiöse Maske auskommt. Der eigene Verzicht auf großartige optische Inszenierung spiegelt sich in der ungeteilten Konzentration auf die Musik wider. Die Musiker haben nicht nur ihre Schminke abgewaschen, sondern auch die Musik von jeglichem Make-Up befreit. SATYRICON verkaufen keine Hülle und kein hohles Image, sondern legen das Herz frei, das ohne kaschierende Effekthascherei sein ganzes Wesen entfaltet.
Ich bin mir sicher, dass Viele diesem unmittelbaren, ungeschönten Wesen nicht gewachsen sein werden, das es in dieser Reinheit lange nicht mehr gegeben hat. Denn „Now, Diabolical“ ist eines der feindlichsten Tondokumente, die es gibt.

11.04.2006
Exit mobile version