Satanochio - From Beyond

Review

SATANOCHIO oder das vorliegende Werk ausschließlich dem Black-Metal-Genre zuzuordnen, trifft den Kern der von den Rumänen propagierten avantgardistisch-durchtränkten Klangkunst, die die Band selbst treffender als Evil Metal bezeichnet, nicht vollständig. Dabei streift die Musik anhand von tiefschwarzer Finsternis, kalten Blast-Beats, Gekeife und markerschütternden, nahezu kranken Screams, die auch auf dem aktuellen und reifsten Werk „From Beyond“ eine große Rolle spielen, durchaus das Genre, aber atmosphärische, soundtrack-artige Klanggebilde wie „Melatonin“ weisen überdeutlich darauf hin, dass man sich musikalisch nicht zu sehr einengen möchte und in der Lage ist – auf dem aktuellen Album mehr denn je -, auch darüberhinaus – mit leichtem Hang zum Dark- und auch Gothic Metal – zu bestehen. Eine Vielfalt also, in einer solchen Zusammenstellung und Intensität, die nicht jedem zusagen wird, schon gar nicht eingefleischten Puristen, denen Abweichungen vom Ursprünglichen, dem kalten und düsteren Kern, zuwider sind.

„Athene Noctua“, der Opener des Albums und der Beginn einer dunklen Reise durch die tiefsten Abgründe menschlicher Gedankenwelten, spiegelt genau diese Einstellung wider: Melodisch und aggressiv poltert es aus den Boxen, von einer geheimnisvollen Düsternis umgeben. Von bösartigen Screams und heiser-geröchelten Vocals getragen, befinden wir uns im letzten Drittel des Songs inmitten des allumfassenden Chaos, das durch harmonische und doch beängstigende Gitarrenläufe vorangetrieben ein Ganzes ergibt und versinnbildlicht wird. Das folgende „Outcast The Darkest“ startet ruhiger – fast schon entspannt – und wird jäh durch S‘ heisere und emotional ergreifenden Growls durchbrochen. Zwar empfinde ich diesen Song nicht wirklich als einen Höhepunkt oder eine Glanzleistung – viel eher ist dies der für mich schwächste Track des Albums -, als Aufbauprodukt der typischen Atmosphäre der Band allerdings darf dieser Track nicht ungenannt bleiben.

Zur Halbzeit, direkt vor dem bereits erwähnten, in gewisser Weise tatsächlich beängstigenden „Melatonin“ (das an einen NIGHTPRAY-Song erinnert), folgt mit „Lethe“ – gemäß griechischer Mythologie einer der Flüsse in der Unterwelt – eines der ganz großen Highlights des Albums. Melodische Gitarrenläufe und wiederkehrende Riffs fressen sich ins Hirn, wobei S‘ Gesang einmal mehr einen disharmonischen, finsteren Gegenpart erzeugt, der die Balance zwischen der Schönheit der Welt und dem Geschwür des Planeten – dem Menschen selbst – hält. Früher glaubte man, dass derjenige, der Wasser aus dem Lethe trinkt, seine Erinnerungen vergisst. Genau dieses Gefühl erzeugt der Song, sofern man sich darauf einlässt und in ihm versinken kann. „Melatonin“ im Anschluß wirkt wie die vergessenen Erinnerungen – der Zuhörer erhebt sich zu neuem Leben, nach Freiheit dürstend, fern jeglicher von der Gesellschaft selbst aufdoktrinierten Hindernissen: „You are completely dead only when the world forgets you.“ – Die Auferstehung in „From Beyond“, dem Titelgeber und einem mächtigen, von Gitarren und kalten Drums dominierten Track, der sich bis zum Exzess zu purem Wahnsinn steigert, um letztendlich in „Hoax“ seinen vorläufigen Höhepunkt zu finden. Die Reise hat ein jähes Ende.

Die basslastige, hochmelodische Instrumental-Nummer „View From My Coffin“ bildet den Abgesang, aber keineswegs die Aufgabe der menschlichen Existenz, die – einmal in Gang gesetzt – ewig in Bewegung bleibt und sich in „Perpetuum Horrible“ den Weltenschmerz von der Seele schreit. Den krönenden Abschluß bildet „I’m Not Me But Tomorrow I Can Be“, dem Kvohst (Ex-DODHEIMSGARD) – als Kontrast zu S‘ schmerzerfüllten Screams – warme und zugleich mysteriöse Guest-Vocals entgegensetzt. Ein Song mit Hitqualität, wenn man das überhaupt so formulieren kann. – Hier stimmt die Harmonie, hier passt die Melodie, das Leben ergibt einen Sinn, wenngleich Einiges im Argen steckt, so sprüht dieser Track doch vor (erneuter) Hoffnung, die auch durch die kreischenden, optimistisch wirkenden Gitarren und einem wunderbaren Solo unterstrichen werden.

Zugegeben, die Reise mit und durch „From Beyond“ ist steinig, und nach ein- oder zweimaligem Hören einfach nicht zu erschließen, aber wer sich mit diesem Werk etwas näher auseinandersetzt – die Zeit und Muße dafür vorausgesetzt – wird mit einigen schwarzmetallisch-durchtränkten Perlen belohnt, die – allein die Thematik betrachtend – nicht gänzlich tiefschwarz und am Ende doch mit einem Funken Hoffnung durchsetzt wissen lassen, dass es dort draußen viel Talent und Potential zu entdecken gibt, das leider nur zu selten an die Oberfläche tritt. Die Band spielt mit Emotionen, die durch eine Atmosphäre erschaffen werden, die mich an vielen Stellen schlichtweg sprachlos werden lässt. – SATANOCHIO sind auf dem richtigen Weg, und das, was ich noch auf dem Debüt bemängelte, wurde hier hervorragend umgesetzt: Der Sound jedenfalls passt exakt zur Stimmung, zur Atmosphäre und zu jedem einzelnen Song. Zwischen dem Debüt und „From Beyond“ liegen Welten. Ich ziehe meinen (imaginären) Hut.

07.12.2008

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1 Kommentar zu Satanochio - From Beyond

  1. xXx-Oimel-xXx sagt:

    Diese Platte muss man mehrmals hören. Erst dann erschließt sich einem die Musik vollkommen. Anfangs denkt man es klingt nach MAYHEM light. Die furztrockenen Drums könnten auch von einer HC Band stammen & dennoch haben diese Rumänen etwas fesselndes an sich. Die verwaschenen Gitarren erzeugen eine Atmosphäre als wenn man von einem Nebelschleier umhüllt wird. Und generell klingt alles abgefahren. Avantgardistisch & proggy…aber zu jeder Zeit nachvollziehbar & niemals eintönig.

    8/10