Satan - Court In The Act

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

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Wenn sich eine Band SATAN nennt, dann dürfte die metallische Gemeinde etwas schwarzmetallisches mit satanistischen Einschlag erwarten. In den frühen 80ern war Metal und vor allem Black Metal noch in den absoluten Kinderschuhen. Eine Band mit Namen SATAN gründet sich 1979 in Newcastle Up in Tyne. Nach einigen Demos und Veröffentlichung der Single „Kiss Of Death“, folgt 1983 die LP „Court In The Act“. Die Scheibe zählt zur NWoBHM, liefert aber ganz andere Töne als DEMON, SAXON und Co. „Court In The Act“ gilt in der Retrospektive als Wegbereiter für Speed und Thrash Metal.

Ist „Court In The Act“ seiner Zeit voraus?

SATAN sind wie viele andere Bands auf der Insel am sich selbst finden. Dazu gehören auch diverse Veränderungen in der Bandbesetzung, bevor überhaupt die erste Scheibe auf dem Tisch liegt. Vor allem an den Vocals geben sich die Herren das Mikrofon in die Hand. Schließlich werden Russ Tippins und Steve Ramsey mit dem AVENGER-Sänger Brian Ross fündig. Ross drückt mit seinem Organ „Court In The Act“ den Stempel auf und ist das fehlende Puzzleteil für SATAN.

Wer bei dem Bandnamen antichristliche Lyrics vermutet, der liegt falsch. Krieg, Gesellschaftskritik und Ungerechtigkeiten bestimmen die Songtexte. Durch die möglichen Fehlinterpretationen des Bandnamens, nennen sich SATAN für zwei Jahre BLIND FURY. Als SATAN sehen die Protagonisten in ihren Songtexten oft den Menschen und sein Fehlverhalten. Um 40 Jahre vorwärtszuspringen: so viel hat sich an der Sichtweise nicht geändert.

Nach dem Intro dröhnt „Trial By Fire“ ganz anders aus den Boxen, als es für die damaligen Bands aus England üblich ist. Der stampfende Rhythmus ist vorhanden. SATAN klingen, als würde die LP anstatt mit 33 rpm mit 45 rpm abgespielt werden. Dazu kommen die spitzen Schreie von Ross, die an den späteren Falsettgesang des dänischen Diamantenkönigs erinnern.

Der Sound der NWoBHM von 33 rpm auf 45 rpm gedreht

Deutlich mehr an den Sound der NWoBHM lehnt sich „Blades Of Steal“ an, wobei der stampfende Grundtenor durch variables Gitarrenspiel und einigen Richtungsänderungen ersetzt wird, sodass der pure Stahl der Marke SATAN anders daherkommt als zum Beispiel das NWoBHM-Aushängeschild SAXON in den frühen 80ern.

Das Tempo ziehen die Herren umgehend mit „No Turning Back“ wieder an. Die Saitenarbeit wirkt etwas chaotisch und übermittelt eine aggressive Grundstimmung. Der Refrain wiederum ist im klassischen Stahl zu verorten. Vom Hard-Rock-Ursprung der NWoBHM ist nichts zu hören. Mit dem stampfenden „Broken Treaties“, dass sich lyrisch mit der Schlacht am Little Big Horn befasst, dreht sich die A-Seite dem Ende entgegen.

Spätestens mit dem Start in die B-Seite und „Break Free“ sind SATAN im Speed Metal ihrer Zeit voraus. Die Saitenarbeit ist nahezu revolutionär und beeinflusst viele Bands in den kommenden Jahren. Worum es lyrisch in „Hunt You Down” geht, macht der Titel bereits klar. Musikalisch geht es einen Schritt zurück, wobei das Ding ähnliche Verschachtelungen von der Melodieführung aufweist, wie „Blades Of Steal“ auf der A-Seite.

SATAN bleiben ungewöhnlich und schieben mehr als vier Minuten rein instrumentales „The Ritual“ ein, sodass sich die starke Saitenfraktion präsentieren kann. Ein akustisches Interlude leitet den Schlusspunkt „Alone In The Dark“ ein. Abwechslungsreich mit den bekannten Falsettschreien und vor Spielwitz protzend dreht sich die B-Seite dem Ende entgegen.

Wie ist die richtungsweisende LP gealtert?

Fangen wir mit der Produktion an sich an. Wer auf old-school-Sound steht, findet mit „Court In The Act” in der Version von 1983 ein essenzielles Stück Zeitgeschichte. Es gibt verschiedene Nachpressungen und Neuauflagen, wo auch am Sound gedreht wurde. Primär liegt es am persönlichen Geschmack, welche Version mehr mundet.

Aus Sicht der 80er Jahre ist „Court In The Act“ ein Referenzwerk bezüglich Entwicklung der NWoBHM. 40 Jahre später gibt es im Speed Metal und Thrash Metal mehr als genügend Bands, die in den 80ern das Genre geprägt haben. Als Beispiel sein „Master Of Puppets“ von METALLICA und „Reign In Blood“ von SLAYER aus dem Jahr 1986 genannt, die bezüglich des Tempos noch ganz anders agieren. Die Demo von SATAN mit großen Teilen von „Court In The Act“, jedoch mit anderem Sänger, rotiert bereits seit 1982.

Die verspielten Nummern wirken heute ein wenig verstaubt, sodass der Alterungsprozess die Stücke eingeholt hat. Dagegen klingen Sachen wie „Trial By Fire“ oder „Break Free“ zeitlos. „Court In The Act“ ist ein Klassiker der 80er Jahre, der jeden Fan der NWoBHM begeistern sollte. Menschen, die musikalische Zeitgeschichte in Richtung Speed und Thrash Metal atmen wollen, sollten ebenfalls die Ohren in „Court In The Act“ halten.

SATAN veröffentlichen am 13. September 2024 ihren neuen Longplayer „Songs In Crimson“ in der Besetzung Brian Ross, Steve Ramsey, Graeme English, Sean Taylor und Russ Tippins. Das ist exakt die gleiche Besetzung, die vor mehr als 40 Jahren „Court In The Act“ eingespielt hat. Dieser Sachverhalt ist eine kleine Sensation und dürfte im Metalzirkus nahezu einmalig sein.

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1 Kommentar zu Satan - Court In The Act

  1. GDoe sagt:

    Vielen vielen lieben Dankeschön für den informativen Artikel und überhaupt für diese tolle Rubrik. Da ich erst in den 2000ern so richtig meine Liebe zum Heavy Metal entdeckt habe, kenne ich viele Klassiker aus der Zeit davor nicht und stoße hier immer wieder auf Bands und Alben, die ich seitdem nicht mehr missen möchte.
    SATAN sagte mir bisher nur vom Namen her etwas, von Court in the Act bin ich mehr als begeistert. Wieder eine Bildungslücke geschlossen!

    10/10