Sarcófago - Rotting

Review

Jubiläen bieten bekanntermaßen beliebte Anlässe für Wiederveröffentlichungen – und SARCÓFAGOs hinter dem legendären 1987er-Debüt „I.N.R.I.“ gerne in Vergessenheit geratenes zweites, oftmals lediglich als EP geführtes Album „Rotting“ wird in diesem Sommer wie alt? Richtig, 25 Jahre! Ursprünglich auf Cogumelo Records erschienen, bringt Greyhaze Records das gut halbstündige Untergrund-Schmankerl nun remastert – diese Unsitte wird man der Musikindustrie wohl nicht mehr austreiben können – und als wertige Deluxe-Gatefold-Vinylversion unter die Meute.

Zwei Jahre nach der Black/Thrash-Landmarke „I.N.R.I.“ lag bis auf Wagner Antichrist – heute übrigens unter seinem bürgerlichen Namen Wagner Moura Lamounier Professor an einer brasilianischen Universität – niemand mehr von der ursprünglichen Besetzung in der Holzkiste, und die „neuen“ SARCÓFAGO zeigten sich auf den Gruppenfotos der „Rotting“-Ära bereits den ganz wilden und schwarzen Anfangstagen entwachsen: Das Corpsepaint war ebenso verschwunden wie die meisten Nieten und Patronengurte, das Trio gab optisch eher die Rockstars. Auch textlich war die Platte über weite Strecken entschärft, die primitiv-infantile Gotteslästerei des Erstwerks („Die Jesus Christ, I Hate You“) kaum noch auszumachen. Einzig musikalisch konnte man sich den rauen Charme früher Tage noch weitestgehend erhalten, wenngleich „Rotting“ merklich sauberer produziert und natürlich nicht mehr ganz so herrlich ungeschliffen wie sein Vorgänger klingt – allein die deutlich angewachsene durchschnittliche Liedlänge zeugt von einem gewissen Reifeprozess der Musiker.

Doch auch wenn SARCÓFAGO etwa beim neunminütigen „Tracy“ mit einem melodischen Einstieg und einem annähernd doomigen Mittelteil eine bisher unbekannte, gemäßigte Facette zeigten, so gab es sie immer noch hinter jeder Ecke, die rabiaten Knüppelpassagen, bei denen der Dreier aus Belo Horizonte nach wie vor keine Gefangenen machte. Auch am fanatischen Gebelle Wagners, das irgendwo zwischen Thrash-, Death- und Black-Metal-Intonierung pendelt, konnte man rein gar nichts bemängeln – außer vielleicht das Fehlen der dämonisch-verzerrten Höllenfürstenlaute des Erstlings. Aber auch ohne solche muss man insbesondere den beiden schwarzen Orgien „Rotting“ und der neuen Version von „Nightmare“ besondere Zerstörungskraft attestieren.

Dennoch, „Rotting“ wird immer das Stigma anhaften, dass es nach „I.N.R.I.“ kam und in diesem mächtigen Schatten stets wie die etwas kümmerlich geratene, ja kastrierte Nachgeburt der neben SEPULTURA wohl wichtigsten Formation des südamerikanischen Metals wirken wird. Unabhängig betrachtet würde es als ein abwechslungsreiches und immer noch ziemlich brutales Werk aus den Aufbruchsjahren der Death- und Black-Metal-Bewegung sicherlich eine größere Strahlkraft besitzen.

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07.05.2014

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