Sarah Jezebel Deva - The Corruption Of Mercy

Review

Wie ein leicht angeschrägtes Timbre im Gesang ein gutes Gothic-Metal-Album stimmungsvoll bereichern kann, haben unlängst die Hanauer GATES OF DAWN demonstriert. Weniger gut gefällt mir dieses Stilmittel indes auf der neuen Solo-Scheibe von SARAH JEZEBEL DEVA, die bislang vor allem durch ihre Zusammenarbeit mit Bands wie CRADLE OF FILTH oder THERION Aufmerksamkeit erregte. Dabei kann man der eindrucksvollen Frontlady nicht vorwerfen, sie würde schlecht singen. Im Gegenteil, rein technisch ist der Gesang erste Sahne und über den nötigen emotionalen Ausdruck verfügt die Dame zweifellos. Es ist also nur ein kleines Detail, dass das harmonische Gesamtbild stört und für Abzüge in der B-Note sorgt.

Vereinzelt bekommt man den Eindruck, dass Frau Deva mit ihrer morbiden Melancholie regelrecht gegen die unter dem Strich überraschend harschen Riff-Attacken ansingt. Das wirkt teilweise etwas befremdlich, sorgt aber für ein gehöriges Maß an Spannung. So lebt „The Corruption Of Mercy“ vom starken Kontrast zwischen fast schon schwarzmetallischem Geknüppel und symphonischem Gothic-Bombast. Nach anfänglichem Staunen macht sich allerdings bald der Eindruck breit, dass die Dame in allem etwas zu dick aufträgt. Etwas weniger Bombast und ein klareres Herausarbeiten der melodischen Strukturen hätten dem Album hörbar gut getan.

An zentraler Stelle ist das Stück „Zombie“ auf dem Silberling platziert. Und obwohl die beiliegende Setlist leider nicht ganz mit der tatsächlichen Songreihenfolge übereinstimmt, hört man schon bei den ersten Basstönen, dass hier die irischen CRANBERRIES gecovert werden. Indes bin ich mir nicht sicher, ob ich diese Version lieben oder hassen soll. Während die Sängerin selbst die Original-Stimmung ihrer Kollegin Dolores O’Riordan recht gut trifft, ist die Instrumentalfraktion auf wildes Geknüppel eingestellt. Bezeichnenderweise ist es wieder die leicht schräge Disharmonie zwischen Gesang und Musik, die hier störend ins Ohr fällt. Ich glaube, ich bleibe lieber beim Original.

Die Eigenkompositionen schwanken zwischen stark (der Opener „No Paragon Of Virtue“), durchschnittlich („Pretty With Effects“) und überflüssig (die Piano-Ballade „Silence Please“). Da wie erwähnt die beiliegende Tracklist fehlerhaft ist, bin ich mir allerdings bei der korrekten Betitelung nicht wirklich sicher. Unter dem Strich fehlt mir auf „The Corruption Of Mercy“ ein wirklich schlagendes Kaufargument. Das Songwriting ist oberer Genre-Durchschnitt, die Stimme gut, letztlich wirkt vieles aber zu vorhersehbar und unspektakulär. Und kratzt man etwas tiefer an der dicken Schicht aus Bombast-Zuckerguss, bleibt an vielen Stellen erschreckend wenig Substanz zurück. Eine Handvoll Hördurchgänge lang versteht die Scheibe dennoch ganz gut zu unterhalten.

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09.06.2011

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