Sangre de Muerdago - Noite

Review

Galerie mit 13 Bildern: Sangre De Muerdago - Futha Tour 2019

Freunde der aktiven Leipziger Szene oder Besucher des Roadburn-Festivals werden ihn vielleicht schon entdeckt haben, den versteckten Kleinod SANGRE DE MUERDAGO. Das Neben- oder Hauptprojekt von Pablo C. Ursusson, der bei den Black Metallern ANTLERS die Gitarre bedient, hat sich in der Tat zu einem kleinen Geheimtipp entwickelt. Wer allerdings auf „Noite“ schwarz- oder schwermetallische Töne sucht oder erwartet wird eine bittere Enttäuschung erleben. SANGRE DE MUERDAGO ist voll und ganz dem Folk gewidmet.

SANGRE DE MUERDAGO locken den Hörer in die Wälder

Der gebürtige Portugiese Ursusson verarbeitet bei SANGRE DE MUERDAGO musikalische und lyrische Einflüsse seines Heimatlandes. „Noite“ klingt heller und positiver als bisherige Veröffentlichungen der Band und trägt ein Licht in die Finsternis des portugiesischen Buschwerks. Die Kauzigkeit früherer Veröffentlichung geht dabei etwas verloren, der neue Anstrich addiert hingegen melancholische und romantische Elemente noch stärker zu den Trademarks der Band. SANGRE DE MUERDAGO bleiben verlockend und verführerisch wie Satyr und Nymphe.

Man möge diese Musik auch als urwüchsig, naturverbunden, gegenwartskritisch oder als Erfassung der Natur vom Standpunkt der Romantik aus beschreiben. Die Natur wird nicht realistisch, sondern nur gefühlsmäßig erfasst und mit den eigenen Empfindungen verknüpft. Der moderne Mensch nennt dies wohl Kopfkino. Das Element Gesang wird in diesem Zusammenhang äußerst sparsam eingesetzt, sodass die Instrumentalisierung mit akustischen Gitarren und allerlei traditionellen Instrumenten raumfüllend agieren kann.

„Noite“ am Stück oder in Scheiben?

SANGRE DE MUERDAGO machen auf ihrem vierten Album weiterhin viel richtig und alle Freunde ehrlicher und bodenständiger Folk-Musik werden hervorragend versorgt werden. Es wäre ein Frevel an „Noite“ einzelne Stücke hervorzuheben. Das Album möchte in seiner Gesamtlänge und (zugegebenermaßen flachen) Dramaturgie genossen werden.

Hierin liegt der wohl einzige Kritikpunkt an „Noite“, da das Album mit einer Länge von über fünfzig Minuten in seiner Gesamtkomposition etwas zu ausufernd und gleichförmig geraten ist. Aber das ist Meckern auf extrem hohen Niveau. Am Ende des Tages ist SANGRE DE MUERDAGO erneut ein hervorragendes Stück Folk gelungen, welches mit eigener Handschrift und viel Atmosphäre einige Hörer für sich gewinnen wird.

29.05.2018

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