SALTATIO MORTIS singen über die „Finsterwacht“. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Wachtürmen in der zum Rollenspiel DAS SCHWARZE AUGE gehörenden Spielwelt Aventurien. Wenn die Orks über das Finsterkamm-Gebirge ziehen, werden dort Leuchtfeuer entzündet um einander zu warnen und schon einmal zu den Waffen zu eilen. Das klingt nicht nur nach viel Fantasy-Pathos, sondern die Mittelalter-Rocker suhlen sich gar auf unterhaltsame Weise darin.
Darauf haben Fans seit Jahren gewartet
Im Opener und Titeltrack werden die Regler dahingehend direkt auf 11 gestellt. Ein Gastauftritt von BLIND GUARDIAN, epische Töne des Prager Symphonieorchesters und viele Verweise auf Deutschlands bekanntestes Fantasy-Franchise lassen Fan-Herzen höher schlagen. Wenn Hansi Kürsch vom Orkensturm singt, im Hintergrund ein Chor die Kriegsgöttin Rondra anruft und Dudelsäcke den Song vorantreiben, wächst zusammen, was in Nerd-Kreisen seit über 25 Jahren zusammengehört.
In diesem Punkt ist „Finsterwacht“ natürlich das Highlight des gleichnamigen Albums. Doch auch der Rest des Albums weiß über weite Strecken zu unterhalten und bietet eine Sammlung ganz verschiedener Songs, in denen mehrere Gast-Stars zu hören sind.
„Finsterwacht“ bietet viel Abwechslung
Die eingängige Ballade „Schwarzer Strand“ wurde gemeinsam mit FAUN aufgenommen, im Song „Carry Me“ ist die Cellistin Tina Guo mit dabei. Für die Saufhymne „Genug getrunken“ haben sich SALTATIO MORTIS mit den Gelage-Experten KNASTERBART zusammengetan, während „We Might Be Giants“ zusammen mit LACUNA COIL entstanden ist.
Letzterer Song klingt dadurch wie ein moderner Rock-Song mit Dudelsäcken, wohingegen „Vogelfrei“ und „Der Himmel muss warten“ klassische Mittelaltermarktmusik sind. „Feuer und Erz“ sowie „Oh treues Herz“ setzen auf Streichinstrumente und eine emotionale Atmosphäre, die Liebeserklärung an die Hexe „Aurelia“ ist allerdings Schlager-Gedudel aus den Niederhöllen.
Alle Facetten von SALTATIO MORTIS
Die Abwechslung kommt auf „Finsterwacht“ also nicht zu kurz. SALTATIO MORTIS schreiben im Booklet davon, dass die Band sich „über die Jahre stilistisch völlig freigeschwommen“ habe. In diesem Punkt präsentiert sich die Gruppe auf dem neuen Album in all ihren Facetten von rockig bis episch und kitschig bis saufgeil.
Das kommt auch der Qualität zu gute. Die Vorgängeralben nach „Das Schwarze Einmaleins“ boten vor allem Deutschrock mit Dudelsäcken, waren oft zu lang geraten und enthielten einige Filler. „Finsterwacht“ kommt trotz der stilistischen Ungezwungenheit besser auf den Punkt. Die Songs sind durchdacht komponiert und sehr gut produziert. Vor allem die Einbindung des Orchesters und der Streicher gelingt und lässt eine gewisse musikalische Reife erkennen.
Kitsch in Perfektion
Der ungezwungene Spaß kommt aber auch nicht zu kurz. SALTATIO MORTIS greifen immer wieder auf simple Mittelalter-Tanznummern zurück, deren kitschige Texte manchmal die Augen zum rollen bringen, von der Band aber eben perfektioniert wurden.
In physischer Form gibt es das Album übrigens nur als dicke Box mitsamt Roman von Bernhard Hennen, Autogrammkarten, Würfelset und einem Abenteuerband für DAS SCHWARZE AUGE. In dessen Spielwelt tauchten SALTATIO MORTIS zuletzt im Jahr 2006 in der Anthologie „Ehrenhändel“ als umherziehende Musikantentruppe auf. An die schnodderige Mittelaltermusik jener Jahre knüpft die Band mit ihrem erneuten Ausflug nach Aventurien an.
Die Songwriting-Fähigkeiten mögen seitdem gewachsen sein, doch im Fokus steht lockere Lagerfeuerstimmung mit überschaubaren Kompositionen. Im Text von „Vogelfrei“ heißt es: „Wir sind geächtet, aber vom Volk geliebt“ und trifft es damit auf den Kopf. „Finsterwacht“ ist kein Meisterwerk, aber eine muntere Sammlung von Songs, in denen die Band ihre vielen Gesichter zeigt und auf unterhaltsame Weise miteinander vereint.
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