Running Wild - Pile Of Skulls

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Galerie mit 15 Bildern: Running Wild - Rockharz 2022

Nachdem einige typische Achtziger-Bands mit Beginn der Neunziger Jahre in kreative Fallen à la Industrial, Groove Metal oder totale kompositorische Belanglosigkeit geraten waren, sind RUNNING WILD zu dieser Zeit gerade erst warmgelaufen. Nachdem die Hanseaten 1988 und 1989 mit den starken Alben “Port Royal” respektive “Death Or Glory” ihre stärkste Phase einläuteten, machte sich die Arbeitswut von Kapitän Rock’n’Rolf auf dem ’91er-Werk “Blazon Stone” auch kommerziell bezahlt. Doch trotz Erfolgswelle herrscht wie eh und je Tumult auf der Piratenkogge, was dazu führt, dass Bassist Jens Becker (GRAVE DIGGER) und Drummer AC ihre Koffer packen und durch Tomas “Bodo” Smuszynski (ehemals U.D.O. und AXEL RUDI PELL) am Bass und Rückkehrer Stefan Schwarzmann (ehemals U.D.O., später ACCEPT, HELLOWEEN und PÄNZER) ersetzt wurden.

RUNNING WILD auf dem kreativen Zenit

In dieser Zeit kristallisiert sich längst endgültig heraus, dass RUNNING WILD Rolfs ganz eigenes Schiff sind, sodass die Line-up-Wechsel gar nicht mehr hörbar sind. Entgegen einiger früherer Alben hat die reguläre Version von “Pile Of Skulls” nur den Titelsong, der nicht von ihm allein geschrieben wurde (und zwar unterstützt durch Gitarrist Axel Morgan). In den Neunzigern festigten diese Entwicklungen allerdings nur die Schlagkraft und unmissverständliche Autorität von RUNNING WILD in Sachen kerniger, traditioneller Metal – lange bevor Rolfs stoische Eigenbrödlerei Alben wie “The Brotherhood” oder “Rogues En Vogue” komplett vergeigte.

Das führt dazu, dass “Pile Of Skulls” eines der stärksten Alben der Bandgeschichte ist und neben “Blazon Stone” und “Black Hand Inn” die heilige Dreifaltigkeit der Neunziger-Phase bildet. Das liegt nicht nur am wunderbar stimmungsvollen Andreas-Marschall-Artwork, sondern vor allem an dem treffsicheren Songwriting und der höllisch knallenden Produktion. “Pile Of Skulls” ist eine Platte mit hervorragendem Abwechslungsreichtum und allgemein großer Hitdichte.

Ob sie sich nun an ihren Speed-Metal-Wurzeln orientieren wie im Opener “Whirlwind”, dem Titelsong oder dem leider immer etwas untergehenden “Jenning’s Revenge” oder perfekte Midtempo-Hymnen zum bierseligen Mitgröhlen der Marke “Sinister Eyes”, “Black Wings Of Death” oder “Roaring Thunder” schreiben – das Album strotzt nur so vor Adrenalin. Die Piraten-Überhymne “Lead Or Gold” (der musikalische Nachfolger zu “Little Big Horn”) sowie der epische Longtrack “Treasure Island” zählen ohnehin zu den mindestens zehn besten Songs in Rolf reichhaltigem Œuvre.

“Pile Of Skulls” hat sich nie abgenutzt

Aus diesem schier unglaublichen Hitfeuerwerk sind lediglich “White Buffalo” und “Fistful Of Dynamite” zwei nicht ganz so zwingende Songs, wobei diese immerhin nicht negativ auffallen – Fans mit Überblick über die gesamte Diskografie wissen, dass das bei RUNNING WILD keine Selbstverständlichkeit ist. Stattdessen sehen wir 32 Jahre später, wie unglaublich zeitlos und frisch “Pile Of Skulls” (wie übrigens auch sein Nachfolger “Black Hand Inn”) immer noch klingt – abgesehen natürlich von dem Umstand, dass der ur-teutonische Stil der Band zumindest im Vergleich zu seiner goldenen Ära bis in die späten Neunziger etwas an Popularität eingebüßt hat.

Unter Fans gibt es verschiedene berechtigte Ansichten darüber, doch würde mich persönlich jemand nach dem idealen Einstieg in die Welt von RUNNING WILD fragen, würde ich “Pile Of Skulls” und “Death Or Glory” empfehlen. “Pile Of Skulls” ist einfach das ultimative Album der Band: Nicht ganz so verspielt wie “Death Or Glory” und “Port Royal”, nicht ganz so straight wie “Blazon Stone”, dazu düsterer und stringenter als die meisten Alben, die noch kommen sollten. “Lead or gold – cursing all the conformists who’ll never be free!”

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28.08.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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