Rotor - Sieben

Review

Ach wie schön konsistent und diesmal auch so schön passend: Die Stoner Rocker ROTOR aus dem Berliner Umfeld packen auf ihr siebtes, passend „Sieben“ betiteltes Album sieben Stücke drauf. Das machen sie zwar schon seit „Fünf“ zum dritten Mal in Folge, aber hier darf mach sich über diesen kleinen, knuffigen und irgendwie passenden Zufall freuen. Vom diesmal wieder etwas schlichter designten Coverartwork her auf den ersten Blick weniger erotisch anmutend wie „Sechs“ findet man als Fan des wortkargen Wüstenrocks auf „Sieben“ jedoch den gleichen Appeal wie schon auf den Vorgängerscheibletten. Und wenn der Mix, der wieder ein schönes, aufgeräumtes Allerlei an Rock-Einflüssen liebevoll durch den KYUSS-Gemüsegarten schleift, eure Ohren genauso antörnt wie die meinen, dann seid ihr auch beim siebten Streich der Jungs goldrichtig.

Wortkarger Wüstenrock – Runde „Sieben“

Den großen „Reibach“ machen sie dabei erwartbarerweise nicht, wer also als Neuling mit durchschlagenderen Referenzen der Marke CLUTCH im Ohr oder mit der Erwartung an eine schwermütige Proto-Metal-Offenbarung hierher gefunden hat, geht möglicherweise leer aus. Aber mit einem „Reibach“ heißenden Dosenöffner geht es jedenfalls los. Wer die untergründigen Klänge von COLOUR HAZE, aber auch klassischen Stoner-Produktionen á la früher FU MANCHU oder eben KYUSS wie einen guten Whiskey mit dem sinngemäßen Kommentar „Was ein Schmackofatz!“ auskostet, dürfte sich von der ersten Minute an hier heimisch fühlen. Dabei wird zwischenzeitlich sogar mal das Tempo kräftig angezogen. Der Sound zündet auch bei „Aller Tage Abend“, in dem dieses KYUSS-Gewand einem etwas atmosphärischen Song übergestülpt wird, der sich mal bei den psychedelischen Sechzigern, mal beim klassischen Südstaaten-Sound bedient.

Zwischen die beiden Songs zwängt sich noch ein „Auf Grund“, bei dem 6/4- sowie 7/4-Takte derart dominieren, dass sich die abschließenden 4/4-Takte schon richtig kathartisch anfühlen. Und wer bis hierhin noch nicht verstanden hat, dass eine leidenschaftliche Liebe klassischer KYUSS-Sounds hier den Genuss gewinnbringend fördert, spürt das spätestens beim vierten Track „Schabracke“,  bei dem alle Klischees des klassischen Mojave-Sounds zusammenkommen, um den Song schön mit Sonnenstich aufm Kopp und irgendwelchen lustigen Stoffen im Blut mit reichlich Delay und schleppenden Grooves durch die Sande stapfen zu lassen. Kurz vor Ende wird es sogar mal richtig ominös.

Die Sinnlichkeit der „Sieben“

Zugegeben: Erwähnte ich weiter oben, dass ROTOR wenig mit Proto-Metal per se am Hut haben, so könnten Fans des ebensolchen mit den einleitenden und abschließenden Riffs von „Kahlschlag“ vielleicht doch einmal fündig werden, bei denen man den schwarzen Sabbath schon richtig schmecken kann. Diese rahmen den Hauptteil des Songs ein, der sich darin gefällt, die Stoner-Motorik dank beinahe perkussiv gespielter Gitarren und einem vergnügt vor sich hin grummelnden Bass genüsslich drauf los rattern zu lassen. Doch wie immer präsentieren die Herren auch reichlich auditive Genussmittel für die sinnlicheren Momente, sodass „Mäander“ zum erotischen Tänzchen bittet.

Beim Titeltrack schließlich werden die Sinne auch noch mal aufs angenehmste massiert mit reichhaltig akustischer Instrumentierung von der Konzertgitarre hin zu im Hintergrund sanftmütig auf- und wieder abtauchenden Streichern – nur gelegentliche Rock-Eruptionen halten die Sache angemessen spannend und dynamisch. Aber rundum ist „Sieben“ etwas gemütlicher Unterwegs als der Vorgänger, bei dem es durchaus auch mal eine Nummer ruppiger werden konnte. Dass hier ein Gang zurückgeschaltet wird, tut der wortlosen Magie der ROTOR-Brüder aber keinen Abbruch, sondern beweist nur umso mehr, wie facettenreich die Jungens hier musizieren können.

ROTOR rocken weiter

Mit der glücklichen „Sieben“ ist ROTOR wieder ein feines, instrumentales Stoner-Rock-Scheibchen gelungen, dem Charlie Paschen (COOGANS BLUFF) einen herrlichen, kalifornischen Wüstensound auf den Leib geschneidert hat. So richtig sensationell erweist sich die Produktion aber vor allem bei den ruhigeren, etwas mehr auf organische Instrumentierung fokussierten Momenten, in denen sich die Transparenz wunderbar auszahlt. Es muss also nicht immer Vollgas und Wummer beim Stoner Rock sein. Es darf auch mal etwas dezenter aufgetragen werden, was gerade bei instrumentalen Alben ein deutlich reichhaltigeres Geschmackserlebnis zur Folge hat. Was bei „Sieben“ zu beweisen war. ROTOR rocken somit unbeirrt gut und kreativ weiter, selbst nach fünf Jahren Albumpause.

03.02.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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