Rolo Tomassi - Hysterics

Review

Galerie mit 15 Bildern: Rolo Tomassi - Summer Breeze Open Air 2018

Wow. Fünf junge Briten, die ihre Debütplatte offenbar mit einer gehörigen Ladung ‚youth anger‘ UND Kreativität vollgepackt haben. So, wie einen „Hysterics“ schon in den ersten Minuten überrennt, hätte das Teil auch locker auf Relapse oder Hydra Head erscheinen können. Stattdessen haben Hassle Records, bei denen u.a. auch JULIETTE & THE LICKS veröffentlichen, die hyperaktiven Jungspunde unter Vertrag genommen.

Mannomann, „Jungspunde“, ich hör mich schon fast so an wie ein geistiger Frührentner, der den lieben langen Tag auf seinem Balkonkissen versauert.
Zu den Fakten: ROLO TOMASSI sind zwar jung, kennen sich aber schon viel länger. Bis ihre Musik zu dem gereift ist, was man nun auf ihrem offiziellen Debüt hören kann, haben sie viel experimentiert – und offenbar alles beibehalten. Das Grundgerüst ist ungestümer, moderner Hardcore, der durch progressive Strukturen, Punk, Jazz, Elektronikspielereien und Noise vollkommen zerballert wird.

Weckt Erinnerungen an GENGHIS TRON, DILLINGER ESCAPE PLAN, FANTOMAS und ähnliche open-minded Musikextremisten. Sängerin Eva spielt mal die zarte, zerbrechliche Elfe, nur um im nächsten Moment schon wieder als kreischende Furie unseren Beschützerinstinkt in der Pfanne zu braten. James Spence setzt mit seinen Keyboards vor allem auf kultige 8-Bit-Sounds, die in den ganz ruhigen Solomomenten sogar ein bißchen wie M83 klingen. Edward Dutton am Schlagzeug, Gitarrist Joe Nicholson und Joseph Thorpe am Bass drehen völlig durch. Nicht immer. Aber wenn Späne fallen sollen, schmeißen sie den Häcksler an, bis es blutige Stümpfe regnet.

So eine Band auf dem Abschlußball, und die Veranstaltung ist entweder zu Ende, bevor sie überhaupt begonnen hat, oder brennt sich als lebenslanges Trauma in die Gehirnwindungen. ROLO TOMASSI sind nonkonform, experimentierfreudig, stilistisch sehr bewandert und sprühen vor Energie. Ihre Plattensammlung würde ich gerne mal sehen. Denn in ihrem Regal steht entweder gar nix, oder ein schillernder Strauß querbeet durch den Stilgarten.
„Hysterics“ ist kein völliger Höllentrip, sondern verfügt über viele ruhige, teils sogar dramatische Momente, die nicht immer durch einen instrumentalen Blitzangriff gesprengt werden. Das Album ist anstrengend, fordernd, aber gibt dem Hörer auch viel zurück. Durchhalten wird belohnt. Für Kenner solcher Chaotenmusik beeindruckend, aber auch angenehm vertraut.

File under psychic rollercoaster ride.

23.10.2008

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