Rivers of Nihil - Where Owls Know My Name

Review

Kurze, unnötige Geschichtsstunde meinerseits: Auf die US-Deather RIVERS OF NIHIL wurde ich damals im Rahmen von einer Tour mit anderen amerikanischen Bands wie u.A. FALLUJAH aufmerksam. RIVERS OF  NIHILs erstes Album „The Conscious Seed Of Light“, von Erik Rutan produziert, ließ schon Potential erahnen. Das Namedropping und das Jahreszeiten-Konzept – wenn auch durchaus nicht gerade neu im Metal-Umfeld – hatten mich aufhorchen lassen. Die musikalische Qualität auf dem Erstling schwankte zwischen gut – Banger wie „Airless“ und „Rain Eater“  – und mäßig, teilweise gab es einfach überfrachtete Songs und uninspiriertes Griffbrett-Gewichse („A Fertile Altar“, „Central Antheneum“). Da das erste Album auch mehrere Jahre umspannendes Material umfasste, ist es vollkommen verständlich, dass damals die Qualität zwischen den einzelnen Stücken etwas unausgeglichen war.

Beim Nachfolger sollte dann alles anders werden: Bessere Gesangsleistung von Frontzwerg-Schreier Jake Dieffenbach, bessere Produktion, reduzierteres und griffigeres Songwriting, was in einem wahnsinnig starken (und meiner Meinung nach mit 7/10 ein wenig unterbewertetes Album hier auf der Seite) Album mündete. „Monarchy„, das Sommer-Kapitel im musikalischen Zyklus, schaffte es somit mühelos aus dem Wust an amerikanischen Brutalo-Kombos angenehm herauszustechen. Gespannt wartete ich also auf das neue Album, was den Jahreszeitenwechsel zum Herbst bewerkstelligen soll. (Ein wenig erwarte ich ja trve und frostbitten Kellerproduktion beim kommenden „Winter“-Konzeptalbum, Cover natürlich stilecht in s/w mit Schminke.)

Behutsame Sounderweiterung mit Bewahrung des Pudels Kern bei RIVERS OF NIHIL

In Tradition der ersten zwei Alben wird auf dem Herbstalbum mit Intro „Cancer / Moonspeak“ ruhig gestartet, was in die erste Singleauskopplung „A Silent Life“ übergeht: Dieses überrascht vielleicht mittlerweile nicht mehr mit einem Saxophon im Metal (THE FACELESS, IHSAHN, SHINING und viele andere haben das schon etabliert), pendelt aber elegant zwischen Fressbrett-Verdreschen und atmosphärischem Interlude. Ich habe RIVERS OF NIHIL oft als einen kleinen, weniger experimentierfreudigen FALLUJAH-Bruder oder möglicherweise noch BLACK CROWN INITIATE-Cousin gesehen, was allen Bands vielleicht nicht wirklich gerecht wird, aber ein wenig den musikalischen Rahmen angibt, in dem man sich bewegt: Tief gestimmter, brutaler Death Metal, der auch mal in kleinen Anteilen gen Djent schielt, aber auch immer wieder mit schönen Atmosphären und ruhigen Momenten aufwartet, die sich passend mit einfügen und nicht gezwungen wirken.

Das ist auf dem neuen Album nicht anders: Die Mischung aus Atmosphäre, im Kopf bleibenden Melodien und harten Riff-Attacken, die auf „Monarchy“ auch schon so gut funktionierten, gibt es hier immer noch und sie wurde behutsam um kleine, gut eingefügte Experimente wie Clean-Vocals, akustische Gitarren,  oder eben Farbtupfer wie Saxophon, Violine und elektronische Spielereien erweitert.

Während „A Home“ zwischen modernen Stakkato- und Bending-Riffs und eingängigen Passagen abwechslungsreich schwenkt, schlägt einem der Anfang von „Old Nothing“ einem mit Doublebass und tiefen, an Deathcore erinnernden Riffs die Zähne aus. „Subtle Change (Including The Forest Of Transition And Dissatisfaction Dance)“ (schon fast NILE-Länge im Titel) überrascht dann ziemlich: fast funkig rüber kommende Passagen und Hammond-Orgel, eine gewisse Ungezwungenheit, wissen zuerst zu irritieren, später zu begeistern, während der Song dann in einen harten Bassdrop rutscht, nur um gegen Ende in überaus proggige Sphären zu gehen und mit Akustikgitarre auszuklingen. Mit „Terrestria III: Wither“ hat sich auch wieder das obligatorische Instrumental eingeschlichen, was allerdings das bislang schwächste in der Trilogie ist. Es bereitet nett auf das folgende hymnische und abwechslungsreiche „Hollow“ vor, besitzt selbst aber leider nur Interlude-Charakter und erreicht nicht die Qualität der Vorgänger „Terrestria II: Thrive“ oder „Terrestria I: Thaw“. Die restlichen Songs bieten qualitätstechnisch zwar keinen Abfall, aber überraschen auch nicht so sehr (im positiven Sinne) wie die erste Albumhälfte.

Komplex, anspruchsvoll und leicht anstrengend – „Where Owls Know My Name“

Sowohl im Cover-Artwork als auch textlich begibt man sich herbst-typisch in eine getragene, desolate Stimmung, die sich – trotz all der bunten musikalischen Farbtupfer – auch durchaus in der Musik widerspiegelt. RIVERS OF NIHIL experimentieren behutsam mit ihrem Sound, ohne ihn zu verwässern oder ihre Stärken zu vergessen.

Was bleibt nun unterm Strich? Nach Streichung von Intros und sonstigem Zwischenspiel, was sich vielleicht im Album-Kontext macht, aber oftmals kein gleichwertiges Material zu den restlichen Songs darstellt, bleiben somit 8 Stücke übrig, die ein großes Spektrum abdecken und Abwechslung bieten. Somit wird dieses Album definitiv ein paar mehr Durchläufe benötigen, ehe es zündet, dann sich der eine oder andere Part aber durchaus festsetzen. Letzten Endes muss ich aber feststellen, dass „Monarchy“ in meinen Ohren die besser funktionierenden Songs hatte, egal ob einzeln oder im Albumkontext betrachtet. Ob ich „Where Owls Know My Name“ so wie „Monarchy“ in einem Jahr noch regelmäßig auflege, wage ich deshalb ein wenig zu bezweifeln.

Der Herbst ist schwerer greifbar und erfordert mehr Geduld, stellt gleichzeitig allerdings auch das musikalisch reifste Werk und die nächste evolutionäre Stufe in der Entwicklung der Band dar. RIVERS OF NIHIL zementieren mit „Where Owls Know My Name“ ihren Status als wohl eine der interessantesten Bands im neuen, modernen amerikanischen Death Metal. Allen Leuten, die keine Scheuklappen tragen und die die progressiven Ausflüge der letzten Platten von FALLUJAH oder BLACK CROWN INITIATE mochten, sei zumindest ein Reinhören angeraten (trotz des zugegebenermaßen etwas cringy wirkenden Albumtitels).

09.03.2018
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