Das inzwischen weitgesteckte Feld des Retro-Rock bedienen die Kalifornier Rival Sons immer noch mit eigener Kreativität und bewegen sich in Terrains, die für andere Bands lediglich am fernen Horizont zu schimmern scheinen. „Great Western Valkyrie“ zelebriert die Einflüsse der späten 60er und ganz frühen 70er Jahre, als die gesamte Rockwelt noch ungleich übersichtlicher war als bereits einige Jahre später, und als wirklich jeder einzelne Ton noch so bluesgetränkt und ursprünglich war, dass die Bezeichnung „Blues Rock“ hier endlich auch wirklich mal angebracht ist.
Bereits zu Zeiten ihres letzten Albums „Head Down“, zwei Jahre ist es her, waren Rival Sons für Viele die Speerspitze der gerade grassierenden Retro-Welle. Obwohl sie zu keinem Zeitpunkt die Einzigen waren, denen man diese Führungsrolle zugetraut hat: Die Besonderheit, die wichtig ist, um sich von trendreitenden Kollegen abzuhaben, war auch damals schon verhanden. Rival Sons klingen auch heute noch wie keine andere der existierenden großen Revival-Bands, dafür aber nach sehr viel, was vor einigen Jahrzehnten den Stein des Rock ’n‘ Roll so richtig ins Rollen brachte. „Great Western Valkyrie“ mutet stellenweise an wie eine gemeinsame Jam-Session von The Doors und Led Zeppelin, ein wenig so, als hätte Jim Morrission den Gitarreneskapaden von Jimmy Page seine Stime geliehen. Britische, wilde Ungezeügeltheit und die amerikanische Westküsten-Dramaturgie der späten 60er treffen sich auf „Great Western Valkyrie“ zu einer Zeitreise, die bei allem natürlichen und ungekünstelten Sound dennoch die 2014er Produktionsstandards erfüllt. Eine Gratwanderung die, seien wir ehrlich, nur wenigen Bands gelingt.
In einigen Augenblicken wirden die offensichtlichen Einflüsse beinahe auf zynische Art eindeutig. Vermutlich vollkommen bewusst schrammen Rival Sons am Plagiatsvorwurf vorbei, wenn sie sich bei „Secret“ der altbekannten Led Zep-Vocal-Effekte bedinenen, oder wenn bei „Good Luck“ die Doors-Schule so dermaßen zitiert wird, dass man jederzeit damit rechnet, Rival Sons-Sänger Jay Buchanan „Come on baby, light my fire“ singen zu hören. Die Blues-Nummer „Good Things“ wirkt zunächst ein wenig rezitativ, entpuppt sich nur wenig später aber als Albumhighlight. Lyrisch genau in jener emotionalen Zwickmühle zu verorten, die de ganz frühen Bands zu ihrer Musik motiviert hat, führt die angenehm melodische Bluesgitarre das Stück zu seiner überzeugenden Dramatik. Auch wenn bei „Play The Fool“ oder „Open My Eyes“ zwischenzeitlich ein bisschen angezogen wird, die zweite Hälfte wird bestimmt von nachdenklichem, eher ruhigen Classic Rock. In diesem Ausmaß eine Stimmungsfrage, auch wenn keiner der zehn Songs rein qualitativ einen Füller darstellt.
Rival Sons mit den großen Bands jener Zeit zu vergleichen, wäre vermessen, weil die Frische und Aufbruchsstimmung, die jener Musik seinerzeit innewohnte, natürlich längst Platz gemacht hat für Gefälligkeit und das Wiederholen gängiger Standards. „Great Western Valkyrie“ ist aber ein Album, dessen Stimmung man sich als Freund klassicher Rocksongs kaum entziehen kann, und dessen größter Verdienst es ist, dass das auch völlig ohne verklärte Nostalgie möglich ist. Auch das ist eine Aussage des textlichen Ansatzes: Manches mag früher besser gewesen sein, aber definitiv nicht alles.
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