3 INCHES OF BLOOD hatten ihren Sound gefunden. Auf dem letzten Langspieler „Long Live Heavy Metal“ schwangen die Kanadier die traditionelle Heavy-Metal-Keule, während gleichsam aber auch Growls, schwarzmetallische Schulterblicke und verschiedene Stimmungen Einzug in das 2012er-Album fanden. Inzwischen ist die Kombo seit dem Jahr 2015 Geschichte, wobei sich Gitarrist Justin Hagberg und Drummer Ash Pearson mittlerweile unter anderem bei RITUAL DICTATES verwirklichen. „Give In To Despair“ war als erstes Full Length eine moderne Interpretation aus Death- und Thrash Metal sowie Metalcore-Elementen. Kurzum, das Duo wirft in diesem Jahr alle Scheuklappen von Bord und liefert mit „No Great Loss“ einen völligen Stilbruch.
„No Great Loss“ liefert einen vollständigen Stilbruch
Egal ob man also mit dem Einstiegswerk von RITUAL DICTATES etwas anfangen konnte oder nicht – die Ausgangslage hat sich definitiv geändert. „Burn The Widow“ kann prinzipiell noch als gesangsunterlegtes Intro durchgehen. Dennoch tun wenig markante Riffs, hoher Klargesang und ein Keyboard-Backup ihr Übriges, sodass man nicht mehr unbedingt vor der Erwartung eines Death-Hammers steht – auch wenn es im letzten Viertel des Stückes nochmals einen kurzen Ausbruch zu vernehmen gibt. Spätestens bei „My Solitude (And So I Shall Depart)“, welches auch als deutlich repräsentativeres Stück für das Album angesehen werden darf, wird klar, in welche Richtung der Hase wirklich läuft.
Im Jahr 2022 präsentieren RITUAL DICTATES also häufig melancholisch düsteren Gothic Rock, der in schwachen Phasen lethargisch vor sich her dümpelt, in besseren Momenten einen Hauch von KATATONIA versprüht. Im zweiten Teil des Albums erhöht das Duo dann die Doom-Anteile merklich. Während „Aqua Tofana“ nebst alternativem Frauengesang bereits schwerfällige Elemente anklingen lässt, ist „Autumn Song“ fast eine lupenreine Doom-Nummer klassischer Ausrichtung und zeigt schon eine gewisse Klangvielfalt, welche „No Great Loss“ mitbringt.
Weniger Bandbreite, mehr Fokus
RITUAL DICTATES legen mit ihrem zweiten Album prinzipiell keine schlechte Platte vor, aber um Himmels Willen erwartet nicht, dass die Nordamerikaner hier auch nur irgendwas machen, was ihren anderen (ex-)Projekten wie 3 INCHES OF BLOOD oder REVOCATION nahekommt. „No Great Loss“ ist eine Scheibe für die kommenden Herbststunden ohne sich zu stark in Verzweiflung zu manövrieren. Etwas mehr Fokus und vielleicht einen Hauch weniger Bandbreite hätten der Scheibe vermutlich noch gut getan.
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