Man kann ja als Außenstehender schon etwas den Überblick verlieren bei dem, was jetzt RHAPSODY OF FIRE ist und was nicht. Luca Turilli jedenfalls verfolgt seine eigenen Pläne unter seiner eigenen Variation der RHASPODY-Flagge, während das Hauptschiff unbeirrt ohne ihn weitersegelt. Und wie es der Teufel mit Power-Metal-Dauerwelle so möchte, könnte es sein, dass beide Seiten dieser geschichtsträchtigen Medallie noch dieses Jahr jeweils ein Album veröffentlichen. Nun, den einen Teil haben wir schon vorliegen, nämlich hier zu besprechendes „The Eighth Mountain“. Das ist der Teil ohne Turilli, versteht sich.
RHAPSODY OF FIRE ohne Fabio Lione? Geht.
Da sich Fabio Lione von der Band verabschiedet hat und zur Konkurrenz gewechselt ist, haben sich RHAPSODY OF FIRE mit Giacomo Voli einen mehr als kompetenten Ersatz ans Mikro gestellt, der keine Sekunde verschwendet, um zu zeigen, dass er im Sound dieser italienischen Power-Metal-Formation wie Po auf Eimer passt. Praktisch vom ersten Moment an, an dem er in „Seven Heroic Deeds“ seine Stimme erhebt, hat man das Gefühl, als sei gesanglich nie etwas anders gewesen. Klar, seine Stimmfarbe ist etwas anders und er singt fast gänzlich akzentfrei, aber es passt einfach.
Das Album versucht an die frühen, albumübergreifend Geschichten erzählenden Großtaten der frühen RHAPSODY (ohne FIRE) anzuknüpfen und versteht sich daher als Beginn einer neuen, ebensolchen Saga. Diese wird wie gewohnt in wilden, orchestral begleiteten Power-Metal-Songs erzählt, wobei die Erzählweise keineswegs gestelzt, sondern sehr gekonnt umgesetzt ist. Sie trieft vor charakterstarkem Cheese, der teilweise aber echt grenzwertig ist. „The Wind, The Rain And The Moon“ ist so ein Fall, das soll eigentlich eine herzzerreißende Ballade sein. Ist es irgendwie auch, aber Voli trägt mit seiner überdramatischen Darbeitung so dick auf, dass er glatt die Kulisse zerkaut.
Orchestraler Power-Metal-Cheese mit Geschichte
Das hat an anderer Stelle aber wieder seinen gerechtfertigten Charme. So ist der dramaturgische Aufbau von „March Against The Tyrant“ überaus gelungen, wenn auch sehr klischeehaft und – Stichwort – cheesy, was die Orchestrierung angeht. Doch der Song erzeugt durchweg Spannung hin zum euphorischen Über-Refrain, der das Durchhaltevermögen des Hörers mehr als belohnt. DAS ist Power Metal – er weiß, wie käsig er ist, und macht das zu seiner Stärke. Auch das etwas geradlinigere „The Courage To Forgive“ vertraut erfolgreich auf diese Stärke. Doch leider hat „The Eighth Mountain“ ein Problem, was den metallischen Aspekt der Sache angeht.
Technisch ist eigentlich alles in Ordnung, die Riffs von Roby De Micheli sind chirurgisch präzise gespielt wie gewohnt und die orchestralen Arrangements sitzen ebenfalls, aber oftmals ist es das rhythmisch eher unenthusiastische Schlagzeug, dass einige Stücke davon abhält, über sich selbst hinauszuwachsen. Speziell das machinelle Getacker der Doublebass ruiniert oftmals die Energie und Dynamik der Songs, sodass sie einfach uninteressant werden. „Master Of Peace“ ist so ein Track, der durch den übermäßigen Einsatz dessen ausgebremst wird, auch wenn die Refrainzeile „Father, forgive me cause I have no regrets, no complaints“ dann doch im Kopf hängen bleibt. Hauptsächlich, weil sie ohne tackerndes Schlagzeug auskommt.
„The Eight Mountain“ hätte groß sein können, aber…
Das verleiht einer ganzen Reihe von Songs, vor allem dem drögen „White Wizard“, einfach eine rhythmische Gleichförmigkeit, die auch nicht durch die Orchestrierung aufgewertet wird und sie, speziell denen in der ersten Albumhälfte, ziemlich uninteressant gestaltet. Hinzu kommt im Rausschmeißer dieser komische Moment, in dem die Band das Oppenheimer-Zitat „I am become death, destroyer of worlds“ verwendet hat, das gerade in Zeiten von durch Internet-Memes verwaschenen Kontexten eher Augenbrauen emporhievt, anstatt eine clevere Referenz darzustellen.
Am Ende ist „The Eighth Mountain“ aber genau das Power-Metal-Cheesefest, das man von RHAPSODY OF FIRE eben erwarten konnte. Wer hier etwas Trockenes, geschweige denn Rohes erwartet hat, wird hier enttäuscht. Aber mal ehrlich: Wer geht zu RHAPSODY OF FIRE, um rohen, kantigen Power Metal zu hören? Das findet man derzeit eigentlich nur im Underground. Voli gibt hier jedenfalls seinen erfolgreichen Einstand. Alles sitzt im Grunde dort, wo es hingehört. Nur eben das stupide Schlagzeuggetacker nervt und hindert dieses „nur“ gute Album daran, „groß“ zu sein.
Rhapsody (of fire)-Fans geben der „nur guten“ Platte eben noch ein paar Punkte drauf. Nach der Legendary Tales, die schwierig war für Fans der langen Lione-Ära (obwohl Voli einen guten Job gemacht hat!), kann der neue Sänger mit den „eigenen“ Songs zeigen, was er kann. Und gerade „March against the tyrant“ ist vielleicht einer der besten Songs der Band er letzten Jahre. Hat ähnliches, langlebiges Potential wie „On the way to Ainor“. Staropoli macht Fanservice auf hohem Niveau, wo Turilli mit viel Eigensinn manchmal vor den Kopf stößt. So ist mir die „of fire“ Variante wesentlich lieber, da bodenständiger, als eben Turillis Version. Kritik am Schlagzeug kann ich aber sehr nachvollziehen, da geht mehr Abwechslung bzw auch in Sachen Produktion mehr Raum dafür. Da ist die „The cold embrace of fear“-EP so die beste der Band. Da ist das Schlagzeug richtig organisch und auch mal „hart“ produziert. Das macht einiges aus.
Cheese ist das neue episch hab‘ ich letztens irgendwo gelesen. lol
Spaß beiseite, das ist echt nicht übel für die besinnlicheren Momente im Leben und ist mir für symphonischen Power Metal ebenfalls 9 Pkt. wert. Den neuen Sänger finde ich auch besser und Fabio Lione ist bei den ebenfalls großartigen Angra IMO eh besser aufgehoben..
Fast ein Masterpiece! Bitte richtig hören und dann urteilen…..
Sehe das Ähnlich wie die anderen Kollegen und wegen der ungerechten 6 Punkte schmeiß ich noch einen extra drauf.