Rhapsody - Dawn Of Victory

Review

„Warum nur?“ mag die Frage lauten. Warum muss Jahr für Jahr immer gezeigt werden, dass Power Metal und seine obligatorische Hauptbeschäftigung, die Drachenjagd, einfach nicht totzukriegen ist? Ganz einfach: Weil es verdammt nochmal funktioniert. Passend wie die (Ritter-)Faust aufs (Drachen-)Auge fügen sich lyrisch simple und kitschige Konzepte nahtlos in eingängige Melodien und erfreuen Jahr für Jahr eine stetig wachsende Zuhörerschar. Und das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zum jüngsten Tage so bleiben, Kritiker hin oder her. Zum anhören wird letztendlich niemand gewzungen.
Und so wollen wir wiedereinmal auf Reisen gehen, in Ferne Länder, wir wollen gewaltigen Schlachten beiwohnen und holden Burgfräuleins unsere Schokoladenseite präsentieren. Realitätsflucht für Anfänger: Kaufe dir eine RHAPSODY CD. Denn diese Jungs zeigen uns mit „Dawn of Victory“ wie es geht. Anno 2000 veröffentlicht, ist diese Scheibe ein Paradebeispiel für all das, was in der Welt der Kuttenträger so geliebt und gehasst wird. Doublebass-Orgien, flinke Solospielereien, wehende Mähnen, weite Rüschchenhemden, Plastikschwerter im Goldmantel, anonyme Freiwille in Trollmasken (!), grausame Entwendungen der Worte „Holy“, „Steel“, „Fire“ und „Ride“ in abartigen Kitschkombinationen, präsentiert mit dem klaren, kräftigen Stimmchen von Bandschnuckelchen Fabio Lione, und fertig ist der Salat.Wohl bekomms, meine Damen und Herren. Wem jetzt schon speiübel wird ,der sollte dieses Review garnicht erst zu Ende lesen. Laut Gitarist Luca Turilli fährt „Dawn of Victory“ im Gegensatz zu seinen Vorgängern deutlich härtere, kantigere Songs auf. Das mag wohl so stimmen, jedoch nur für RHAPSODY Verhältnisse. Man bleibt gewohnt lieblich und hold, ganz und gar unpassend zum diesmal etwas brutaleren Cover. Und so geht’s nach dem obligatorisch pseudogruseligen Chor-Intro auch gewohnt in alter RHAPSODY Manier weiter; es wird gefochten, gebrüllt, geballert und verwüstet, die Natur gelobt, geflügelte Einhörner beschützt und hier und da ein, zwei Abstecher in ruhige Klassik oder Folk-Gefilde gemacht. All das im Rahmen einer schon fast wiederlich anzumutenden, ultrafreundlichen musikalischen Darbietung, welche ihre Zuhörer entweder verschrecken oder begeistern wird. Und so erweisen wir Songs mit grausigen Namen unseren tiefgreifenden Respekt und schwingen uns aufs Pferd, um mit all den Chören, bombastischen Arangements und eingängigen Melodien in den Sonnenuntergang zu reiten, die (natürlich goldene) Streitwaffe in der Hand.
RHAPSODY haben sich sehr wohl weiterenwickelt, so scheint auf diesem Output alles ein wenig ausgeglichener und vielseitiger. Das Problem der auf „Symphony of Enchanted Lands Part 2“ doch recht anstrengenden Songstrukturen, ist auf diesem Silberling noch so gut wie garnicht vorhanden. RHAPSODY spielen knackig und mit Biss und sind eingängiger als viele Kollegen. Doch wer mit den Vorgänger- oder Nachfolger-Alben schon so seine lieben Problemchen hatte, den werden unsre Lockenköpfe auch hier nicht zufriedenstellen können. Ich vergebe 9 Punkte für absoluten dämlichen Scheiss. Dämlichen, aber GUTEN Scheiss. Dieser Vorzeigekitsch-Bastard gehört in jede Power Metal-Sammlung und wer auch noch das letzte Stückchen Heldenblut im Herz seiner Kindheit aufbewahren konte, dem wird „Holy Thunderforce“ die Freudentränen ins Äuglein treiben, da bin ich mir sicher. Schluss, Aus, Ende.

22.05.2006
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