Reimzig - Rogg 'N' Roll Azubi

Review

Und ich dachte, diese Zeiten wären Vergangenheit… Aber nein: Irgendwer hat sich erkühnt, die Crossover-Mumie aus dem Mull zu wickeln – und als Reimzig quicklebendig zu Tage treten, wundert man sich, warum man diese unbeschwerte Musik maximal fünf Jahre nach ihrem allgemeinen Aussterben doch so schnell vergessen hat. Der erste Tritt geht freundschaftlich vor’s Schienbein mit der Ankündigung „Heut gibt’s Rock’n’Roll“, was folgt ist gewohnt minimalistischer Pseudo-HipHop, also Sprechgesang im Jambus und Trochaeus. Kunststück. Die begleitende Kapelle mischt ihre Karten nach bewährtem, ebenso schlichtem Bluesschema, spielt hin und wieder ein paar nette Asse aus dem Ärmel, rudert aber ansonsten ziemlich zufrieden durch die eben üblichen Kraftmeier- und Jetzt-alle-mithüpfen-Riffs. Ein sehr selbstbewusst umherfunkender Bass lockert allerdings nicht selten die ansonsten etwas altbackene Szene auf und verleiht nicht nur einem Song den nötigen Biss – und den Umstehenden den belebenden Tritt in die Kniekehle. Textinhalte, die alle regulär entwickelten Teens & Twens zum Sich-wohlig-drin-spiegeln einladen, tragen zur Leichtverdaulichkeit des gesamten Süppchens der fünf Hamburger bei. Gleichzeitig bleibt man durch diese gedämpften Ambitionen hinter einigen zu vergleichenden Genre-Konsorten zurück: Bis zu FISCHMOB fehlt die Eloquenz, zu SUCH A SURGE die Härte, zu den (frühen) H-BLOCKX die sorglose Lust auf Primitivität und zu SELIG der Mut zur Verletzlichkeit. Das seichte poetische Bemühen der beiden Texter liefert zwar hier und da einen netten Gedankenanstoß, kann aber seiner inhaltlichen Verantwortung als deutschsprachiger Sprechgesang nur selten gerecht werden. Als Plus wäre allerdings eine nicht geringe Portion (Selbst-) Ironie zu verzeichnen, mit der Reimzig versuchen, z.B. in „Tschüss“ ihre Artverwandten aus dem HopHop-Zoo hochzunehmen – allerdings gelingt die Überzeichnung nur streckenweise – da nämlich die unter Beschuss genommenen Originale als Real-Satire dieser Karikatur noch locker den Rang ablaufen. Dennoch plätschert diese Scheibe wie ein lebensfrohes Gebirgsbächlein mit Schmackes in die Ohrwurmhöhle – nicht aber ins Langzeitgedächtnis.

04.09.2003

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