Über Jahre hinweg funktionierte die Beziehung zwischen REDEMPTION und Ray Alder prächtig. Der Sänger von FATES WARNING stand, wann immer es sich ergab, am Mikro der, im Vergleich zu seiner Hauptband, etwas kleineren Progressive-Metal-Band aus Los Angeles. Für fünf Alben steuerte er den Gesang bei und trat gemeinsam mit der Band auf, wenn es sein Terminplan erlaubte. Doch in den letzten zwei Jahren passte es einfach nicht mehr zusammen.
„Wir konnten für ‚The Art of Loss‘ nicht auf Tour gehen, weil Ray nicht mehr imstande war, sich aktiv bei REDEMPTION einzubringen“, erklärt Bandkopf Nick van Dyk. „Also kamen wir kurz nach Veröffentlichung überein, uns zu trennen.“ Die Trennung sei laut Nick schließlich auch harmonisch und professionell verlaufen. Einen neuen Sänger zu finden, war dennoch natürlich keine leichte Aufgabe.
REDEMPTION wagen den Neuanfang
Nach intensiver Suche fanden REDEMPTION in Tom Englund von EVERGREY den richtigen Mann für den Job. Zwar hat auch dieser Sänger andere Verpflichtungen mit seiner Hauptband, findet aber momentan durchaus die Zeit, mit REDEMPTION auf Tour zu gehen. Wie das in Zukunft funktionieren wird, muss aber erst noch die Zeit zeigen. Dass Tom aber die nötige Qualität mitbringt, um die alten und neuen Songs der Band mit Leidenschaft und Melodie zu füllen, steht außer Frage.
Bei REDEMPTION stehen die Zeichen also auf Neuanfang. Dementsprechend ist auch der Albumtitel „Long Night’s Journey into Day“ zu verstehen. Der Titel basiert auf dem Theaterstück „Long Day’s Journey into Night“, das den Niedergang einer Familie behandelt. Vertauscht man die beide Substantive, erhält man eine neue Bedeutung: Nach einer düsteren Nacht, dämmert nun ein neuer Morgen.
Dies passt sehr gut zu den Texten der Band. Auch auf dem neuen Album geht es um den alltäglichen Kampf mit sich selbst und seiner Umwelt, um den schmalen Grad zwischen Hoffnung und Verzweiflung, auf dem solche emotionalen Nummern balancieren. Düstere Songs, ohne Frage, die aber dank der treibenden Musik auch immer wieder neue Kraft spenden.
„Long Night’s Journey Into Day“ – ein neuer Tag wartet immer!
Man liest es zwischen den Zeilen bereits heraus: „Long Night’s Journey into Day“ ist ein wahrer Leckerbissen für Freunde progressiven Ami-Stahls geworden. REDEMPTION ziehen auf ihrem neuesten Album alle Register und lassen selbst vertrackte Kompositionen in Überlänge zugänglich sowie unterhaltsam klingen. Melodische Riffs werden garniert mit ausgefeilten Soli, das Schlagzeug überrascht mit immer neuen Figuren und Englunds charismatische Stimme holt den Zuhörer jedes Mal wieder ab.
Noch einmal kurz zu Englund. Dank dessen warmer und gefühlvoller Stimme klingen REDEMPTION jetzt ein bisschen mehr nach SYMPHONY X, als nach FATES WARNING. Die immer wieder hervorbrechenden Keyboard-Attacken, die den Songs einen orchestralen Sound verpassen, tragen ihren Teil dazu bei.
Was gibt es daran jetzt zu meckern? Nicht viel, um ehrlich zu sein. Der Sound wirkt manchmal etwas künstlich, klingt aber immer noch organisch, obwohl die Aufnahmen teils bei Nick van Dyk, teils bei Schlagzeuger Chris Quirarte zuhause stattfanden. Englund sang seine Parts größtenteils in Schweden ein, nahm einen guten Teil aber auch nach einer gemeinsamen Session mit dem Rest der Band in Los Angeles auf. Produzent Jacob Hansen hat es dennoch geschafft, aus allen Einzelteilen ein stimmiges Ganzes zu zaubern.
Ein Leckerbissen für Progressive-Metal-Fans
Zugegebenermaßen ist „Long Nights Journey into Day“ stellenweise etwas sperrig, aber solche Alben sind ja auch nicht für den kurzen Hörgenuss zwischendurch gedacht. In diesem Fall sollte sich der Zuhörer die Zeit nehmen, in jeden Song einzutauchen und sich vor allem auch den Texten der Band widmen. Die sind manchmal zwar sehr kitschig – vor allem dann, wenn parallel dazu das Keyboard im Hintergrund klimpert – aber eben auch gefühlvoll und packend. Unterm Strich ist das neue Werk von REDEMPTION also ein Ruhepol, ein Zufluchtsort in diesen turbulenten Zeiten. Und natürlich auch einfach ein starkes Album.
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