Red Apollo - Altruist

Review

Nachdem die Dortmunder von RED APOLLO in der jüngeren Vergangenheit ihre Walze aus Post-Hardcore und Black Metal auf mehrere knackig-kompakte Veröffentlichungen verteilt hatten – sprich: die „Transgressions“-Gemeinschaftssiebenzöller mit GOTTESMORDER, SUNDOWNING und WITHERS sowie natürlich das Etwaslängerspieldebut „Marche Funèbre“ – konzentriert sich der Vierer anno 2015 offenbar ganz auf seinen Zweitling „Altruist“, der mit beinahe der doppelten Spielzeit des Erstlings aufwarten kann und dem geneigten Hörer in dieser knappen Stunde (rechnet man Intro- und Interludium hinzu) zehn Songs präsentiert.

Hatte ich mich in meiner Rezension zu „Marche Funèbre“ geradezu begeistert über die Kombination aus sludgigen Gitarrenwänden, schwarzmetallischen Leads und postrockig-sphärischen Klängen geäußert, muss ich während des ersten Durchlaufs bald feststellen: RED APOLLO haben sich (weiter)entwickelt. Das ist zunächst keine Kritik, sondern lediglich eine Beobachtung. Die Black Metal-Anteile treten auf „Altruist“ etwas in den Hintergrund und schaffen Platz für die Betonung der Schwere – nicht, dass diese nicht schon vorher vorhanden gewesen wäre, aber der träge, zähe, mächtige Anteil der Vision RED APOLLOs scheint auf „Altruist“ dominant. Das heißt jetzt nicht, dass auf dem Album kein Platz für zackige Passagen mit ordentlichen Blastbeats wäre – aber selbst diese Passagen fügen sich stimmig in das schwere(re) Bild ein, das RED APOLLO zeichnen.

Dieses Bild ist jedoch auch sperriger, nicht so leicht zugänglich wie es „Marche Funèbre“ noch war. So habe ich nach dem gelungenen Intro „Prurience“ tatsächlich leichte Schwierigkeiten, den eigentlichen Opener „Lovegazers“ in meinen persönlichen RED APOLLO-Kosmos einzuordnen; spätestens mit „Sacrificing Permanence“ ist dieser kurze Hauch eines Zweifels jedoch Geschichte – und es bietet sich dem Rezensenten eine etwas andere musikalische Orientierung als zu Zeiten des Debuts: Hatte ich dort noch DOWNFALL OF GAIA als Vergleich in den Vordergrund gestellt, rücken nun die ebenfalls genannten PLANKS, vor Allem aber LIGHT BEARER in mein Blickfeld. Das dürfte die endgültige Bestätigung dafür sein, dass man im Hause RED APOLLO zumindest momentan an den Gitarren etwas mehr Wert auf erdrückende Schwere als auf entrückte Höhen legt.

Das heißt jedoch nicht, dass es gar keine „Post“-Einflüsse mehr gibt – die gibt es zuhauf, und sie bereichern den Klangkosmos „Altruist“s ungemein. Das heißt jedoch auch nicht, dass RED APOLLO dramaturgisch ähnlich großartig agieren wie die oben genannten Briten, die mit „Lapsus“ und „Silver Tongue“ Meisterwerke des Post-Hardcores veröffentlicht haben – die harmonische Souveränität müssen RED APOLLO erst noch finden; dass sie dabei auf einem guten Weg sind, zeigt das fast neunminütige „Dissociative“, das auf wundervolle Weise zwischen stürmischer Intensität und geradezu vertraulicher Nähe oszilliert und damit die ganze, wahrlich beeindruckende Stärke der Band aufzeigt. Leider steht „Dissociative“ damit etwas allein auf „Altruist“, denn auch Songs wie das bereits genannte „Sacrificing Permanence“, der Titelsong oder „The Slaving Eyes“ – allesamt ausgesprochen gelungene Stücke – können dem Highlight des Albums nicht ganz das Wasser reichen.

RED APOLLO entwickeln sich auf „Altruist“ also hörbar weiter – das betrifft neben der Musik selbst auch die Produktion, die zwar wieder ein Stück transparenter ist, die Schwere der Musik aber in ein mehr als angemessenes Klanggewand gießt. Ihr gesamtes Potential schöpfen sie indes nur zeitweise aus, während der Großteil „Altruist“s immerhin sehr sehr souverän auftritt. Es bleibt also auch auf dem zweiten Album noch Luft nach oben – „Dissociative“ zeigt aber, dass RED APOLLO zu diesen Höhenflügen fähig sind.

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26.03.2015

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