Vor drei Jahren sorgten REACH mit ihrem überraschend vielschichtigen Debüt „The Promise Of A Life“ für Aufsehen. Mit „Prophecy“ geht der düstere Rock-Zirkus nun in die zweite Runde und zaubert wieder einen kunterbunten Stilmix aus dem Zylinder.
Mit REACH auf Reise durch Musicals, Western und Rockklassiker
Wer sich gerne auf musikalische Entdeckungsreise begibt, wird mit dem zweiten Album der Schweden seine Freude haben, denn mit den unzähligen Einflüssen, die sich in den Songs verstecken, kann man regelrecht auf Ostereiersuche gehen. Schon im Opener hinterlassen „Kashmir“ (LED ZEPPELIN), SOUNDGARDEN und MUSE gleichzeitig ihre Spuren. Hohe Chöre erinnern teilweise an QUEEN, etwa in „Save The World“, das wie ein schräger Musicalsong daherkommt. Einen Mix aus Western und Tango gibt es in „A Beautiful Life“ und Sänger Ludvig Turner, klingt mal nach Patrick Vaughn Stump (FALL OUT BOY) an anderer Stelle eher wie Chris Cornell (SOUNDGARDEN).
Mehr Mainstream, weniger düsterer Beigeschmack
Insgesamt fällt „Prophecy“ poppiger als der Vorgänger „The Promise Of A Life“ aus. Viele Songs spielen sich im mittleren Tempo ab und glänzen mit supereingängigen Melodien. „Little Dreams“ erinnert mit seinen tanzbaren Synthies an MANDO DIAO und ist ein typischer Radiokandidat. Auch das leichte „Little Dreams“ oder das verhältnismäßig unspektakuläre „Who Knows“, bei dem man das Gefühl hat, dass es mehr als Lückenfüller dient, fallen recht gefällig aus.
Glücklicherweise kämpfen vor allem die Tracks in der zweiten Hälfte des Albums gegen ein Übermaß an Mainstream-Rock an. Das alternativ angehauchte „Not The Same“ hat einen schönen Basslauf und steht wieder unter dem Haupteinfluss von MUSE. In „Psycho Violence“ zeigt das Trio mit funky Bass, symphonischen Elementen und schnellen Riffs seine experimentelle Veranlagung. Ebenso geht „Grand Finale“, das sich gut als unkonventioneller James-Bond-Soundtrack machen würde, nochmals in die Vollen.
Der Wolf im Schafspelz
Die erste Singleauskopplung „Mama Mama“ ist ein turbulenter Rocksong mit progressiven Ansätzen und hat einen dramatischen Text, der von einem tödlich ausgehenden Familienstreit handelt. REACHs Vorliebe für schaurige Inhalte zeigt sich in vielen Tracks – „A Million Lives“ handelt von einem Jugendlichen, der eine Schießerei an einer Schule plant und das Schlusslicht „Eviga Natt“ kommt als scheinbar unschuldiges Schlaflied daher, thematisiert aber tatsächlich Depression und Realitätsflucht.
„Prophecy“ setzt starke Ideen gut um
Unterm Strich wünscht man sich, REACH hätten auf den ein oder anderen poplastigen Song verzichtet und stattdessen noch mehr Mut zu dem außergewöhnlichen Songwriting gezeigt, das sie offensichtlich gut beherrschen. Trotzdem ist „Prophecy“ ein vielfältiges Album, das mit Ludvig Turners starker Gesangsleistung und vielen unvorhersehbaren Wendungen überzeugt.
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