Ratzinger - State Enemy

Review

Wer beim Namen RATZINGER zuerst an unseren Panzerpapst gedacht hat, liegt sogar goldrichtig: Die drei Chilenen haben diesen Namen bewusst als ironische Anspielung gewählt. Mit dem Albumtitel „State Enemy“ ergeben sich noch ganz andere Zweideutigkeiten, wobei dieser nichts mehr mit dem heiligen Vater zu tun hat. Das Cover zeigt die berühmte Fassade des World Trade Centers, im Inlay steht man als Betrachter am Fuße eines der Türme, blickt gen Himmel und sieht, wie sich ein Flugzeug kurz davor befindet, sich in den Turm zu bohren.

Obwohl der Terroranschlag des 11. September schon einige Jahre zurück liegt, bietet er immer noch reichlich Inspirationen, und so widmen RATZINGER dieses Album auch allen Opfern der Tragödie. Es geht um Terrorismus, WMDs, Al-Quaeda, Polizeistaat, die kriegerischen Auseinandersetzungen und den vielen Menschen, die davon in Mitleidenschaft gezogen werden. Aussagekräftige Samples aus Fernsehübertragungen und Filmen verdeutlichen dies in allen Songs.

RATZINGER bezeichnen sich selbst als „größte Metalband in Chile“ und spielen auf ihrem Debütalbum ziemlich modernen Thrash, der sich vornehmlich im gemäßigten Midtempo-Bereich aufhält. Die Chilenen pumpen ordentlich Groove in Songs und gehen ziemlich hardcorelastig vor. Es dominieren Schrammelriffs mit Doubleblast-Drumming und Powerakkorde, Melodien stehen eher im Hintergrund.
Ansich kommt die Produktion recht fett rüber, wirkt aber zuweilen etwas schwachbrüstig. Was zu diesem Eindruck aber mehr beiträgt, sind die oft simpel gestrickten Songmuster. In Songs wie „Mind of Terrorist“ gibt es einfach noch zuviele „weiße Flecken“, wie ich es mal nennen möchte: Hier hätte eine zusätzliche Gitarrenspur, oder variablere Arbeit am Schlagwerk den Song deutlich erweitern und den Sound einfach „weiter“ machen können. Jungs, wenn ihr den Leuten auf die Fresse geben wollt, dann müßt ihr auch mit beiden Fäusten zuschlagen – und ja nicht das Nachtreten vergessen! Ich vergleiche ja gern mal ne Platte mit einem Boxkampf, und „State Enemy“ wirkt halt manchmal wie ein Kampf im Superfliegengewicht, wo nur nach Punkten geboxt wird und kaum was passiert. So ein Gemisch aus Thrash und Hardcore muß aber krachen wie die Linke von Klitschko – und das über die volle Rundendauer!

Abgeschlossen wird das reguläre Album durch die nachdenkliche Ballade „Just A Dream“, in dem Sänger Ivan zeigt, dass er neben Shouts auch den klaren Gesang beherrscht. Aufgemotzt wurde das Album noch durch drei Tracks der 2006 veröffentlichten EP „Under Attack“, die sich dem gleichen Thema widmet und sich auch sonst nicht sonderlich musikalisch von dem Material auf „State Enemy“ unterscheidet. Klingt ein bißchen wie die Texaner von PISSING RAZORS.

21.07.2007
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