Rage - Wings Of Rage

Review

Im Alter geht den meisten die Puste aus, logisch. So lassen sich nicht nur Stadion-Acts immer größere Pausen zwischen den Alben, auch die Vielfabrikanten RAGE haben in dem abgeschlossenen Jahrzehnt läppische vier Alben veröffentlicht. Zugegeben in der Zeit lag auch die vierjährige Albenpause mit dem Bandumbruch. Aber man macht sich schon Gedanken darüber, wie es in den 2020er-Jahren weitergeht. Mit dem 24. Studioalbum „Wings Of Rage“ legt man eine erste Grundlage.

Power Metal ohne Kitsch

Die Herner um Peavy Wagner bilden ein breites Spektrum ab, ohne tatsächlich zu überraschen. Es gibt einige symphonische Nummern und hauptsächlich Power-Metal-Songs. Letztere haben glücklicherweise eine Kante, die dem Rest des Genres abgeht. Gerade durch die fette Produktion blühen die Riffs, wie in ‚Let Them Rest In Peace‘ auf. Dazu entschärft es noch den Pathos der Refrains. Diese sind oft so eingängig, dass die Freunde des quietschigen, hyperaktiven Stahls ihr Umfeld wahrscheinlich wochenlang damit malträtieren werden. Aber gerade diese Refrain-Fixierung, wie sie besonders gut in ‚Tomorrow‘ zu hören ist, zeigt deutlich, dass RAGE hier nur gute Teile haben, die sie aber nicht zu guten Songs zusammenbauen können, wobei aber in der ersten Hälfte immer noch passable Mitnick-Nummern rauskommen.

„Wings Of Rage“ geht die Puste aus

In der zweite Hälfte geht dieser Schwung aber verloren. ‚A Nameless Grave‘ ist eine glanzlose Ballade, ‚Shine A Light‘ fällt sowohl musikalisch als auch textlich unheimlich kitschig aus und die restlichen Songs zeichnen sich vor allem durch ihre Zahnlosigkeit und das beängstigte Klammern an die ausgeleierten Schemata aus. Hervorheben muss man allerdings die Neueinspielung ‚HTTS 2.0‘, die vor allem durch die massivere Produktion punkten kann. Diese fette und auch saubere Produktion lässt das Album manchmal klinisch klingen. Zudem hebt sie den offensichtlichsten Schwachpunkt hervor: Man hört Wagner deutlich an, dass seine Stimme, oder eher seine Gesangstechnik den Songs nicht gerecht wird. Gerade wenn es etwas anspruchsvoller wird, wie in ‚Let Them Rest In Peace‘, wird einem das gesangliche Unvermögen der RAGE-Konstante deutlich.

Solides Alterswerk

Beim 24. Album in 37 Jahren Bandgeschichte erwartet man keine großen Sprünge mehr und diese von RAGE zu erwarten, wäre auch vermessen. Die Herren um Peavy Wagner zeigen ihre technische Versiertheit, wenn man mal den Gesang unberücksichtigt lässt. Kompositorisch eröffnen sich auch Schwachstellen, wobei man dem Trio aber anmerkt, dass sie beim Schreiben von Songs grundsätzlich Sachverstand besitzen. Eigentlich wären das solide sechs Punkte, aber wegen des Gesangs gibt es einen Punktabzug.

03.01.2020
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