„Dreimal sinds schon sechs Jahr“ – 666, die biblische Zahl des Tieres, begegnet vielen Schülern im Deutschunterricht in Andreas Gryphius‘ bekanntem Sonett „Tränen des Vaterlandes“ von 1636, das die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges und den dadurch drohenden Verlust des Seelenheils beklagt. Auch auf PURGATORY treffen Gryphius‘ Worte dieser Tage zu, besteht die ostdeutsche Todesblei-Formation doch seit 1993 und haut mit „Necromantaeon“ dann auch passenderweise ihr sechstes Album im drei Mal sechsten Jahr heraus.
Ähnlich erbarmungslos (und hartnäckig), wie der große Krieg in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts über Europa gefegt ist, bricht auch der blasphemische Death Metal des Quartetts (zum wiederholten Male) über den Hörer herein: Alles klingt – wenn auch nicht mehr ganz so unkontrolliert wie in den Anfangstagen – selbst nach fast zwei Dekaden Bandexistenz noch erstaunlich roh und kompromisslos, fast so, als hätte hier eine blutjunge Truppe ihr wütendes Debüt eingetrümmert. Ein Schielen nach irgendwelchen Moden gibt es im Hause PURGATORY nicht, „Necromantaeon“ ist ein Old-School-Death-Metal-Destilat, das nach wie vor gelegentlich an VADER erinnert und bis auf einige interessante und auflockernde Tempowechsel auf Variation verzichtet.
Aber es verlangt einem bei diesem Album auch nicht nach großer Abwechslung, man erfreut sich schlicht und einfach an der Direktheit des Materials, lauscht Dreiers brutalem, aber nicht völlig monotonen Gegrunze, Kögels aggressiven Gitarren und der wunderbar treibenden Rhythmusfraktion – und im Nu sind die nur gut 32 Minuten Spielzeit vorüber. Als die vielleicht gelungensten der neun Nummern hat man dabei das selbst im hohen Drehzahlbereich unwiderstehlich groovende „Reaping The Diseased“, das besonders heftig bretternde „Scourging Blasphemies“ und das morbide Titelstück mit dämonisch gefärbter Sprechpassage ausgemacht, aber auch die wenigen gedrosselt walzenden Stücke wie „The Collapse Of Tides“ besitzen ihren Reiz.
Die für eine solch betagte Band ungewohnt ungezügelte Ausführung frei von angesagten Spielereien ist in seiner Urwüchsigkeit einfach sympathisch und klingt angenehm ehrlich – Brutalität nicht um der Brutalität willen, sondern einfach, weil man Spaß dran hat. PURGATORY gelingt mit „Necromantaeon“ ein sechster Streich, der den Ruf der Sachsen als eine der dienstältesten und stärksten deutschen Death-Metal-Bands festigen sollte.
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