Pure Wrath - Hymn To The Woeful Hearts

Review

Dass wir es bisher noch nicht geschafft haben, ein Album der indonesischen Ein-Mann-Band PURE WRATH zu reviewen, ist eine glatte Schande. Der aktuelle, dritte Longplayer “Hymn To The Woeful Hearts” dürfte für alle Schwarzstahl-Fans die wohl größte Überraschung im Februar-Soundcheck sein. Wer auf atmosphärisch dichten, epischen und kitschfrei melodischen Black Metal ohne überflüssigen Ballast steht, sollte jetzt möglichst ignorieren, dass PURE WRATH ein eher mediokrer Bandname ist, ohne zu blinzeln bis zum Ende des Textes lesen und dann schon mal die Einkaufsliste zücken …

PURE WRATH: Überraschung des Monats

Vierundvierzig Minuten umfasst das Album und es enthält nicht einen einzigen schwachen Moment. Die Arrangements, die Spannungskurven der Songs, die Melodien – alles fließt so unglaublich natürlich und organisch, dass es kaum zu glauben ist, dass der Name PURE WRATH nicht schon viel häufiger durch die Fachpresse geisterte. Hinter all dem steckt der Multiinstrumentalist Ryo (Januaryo Hardy), der – meist allein – weitere Spielwiesen wie PERVERTED DEXTERITY (Brutal Death), LAMENT (Post Black Metal), CADAVORACITY (Brutal Death) und einige mehr betreibt. Dass dabei ein so stimmiges Album wie “Hymn To The Woeful Hearts” entsteht, ist verblüffend.

Diese Begeisterung wird durch die beeindruckende Performance weiter befeuert. Sinnigerweise hat sich Ryo an den Drums externe Unterstützung (und zwar von ex-WHITE-WARD-Drummer Yuri) geholt, ansonsten vom Bass bis zum Gesang alles selbst erledigt. Im Gegensatz zu vielen anderen musikalischen Single-Haushalten macht er dabei in jedem einzelnen Tätigkeitsfeld eine gute Figur – vor allem der ausdrucksstarke Gesang ist das Sahnehäubchen der Platte, die von einer organischen und wohlig-transparenten Produktion abgerundet wird. Hier einzelne Stücke als Anspieltipps hervorzuheben, würde der erzählerischen Gesamtwirkung von “Hymn To The Woeful Hearts” nicht gerecht werden.

“Hymn To The Woeful Hearts” rangiert nahe an der Perfektion

Das einzige, was künftigen Studioalben zur nächsthöheren Benotung im Wege stehen könnte, ist das gänzliche Fehlen von Irritationsmomenten. Es ist schön, eine dreiviertel Stunde lang nicht aus dem romantisch-melancholischen Fluss gerissen zu werden. Doch wieviel Reiz könnte die Musik noch durch ein, zwei gezielte Erwartungsbrüche gewinnen? Sei’s drum, das sehr gelungene, vom indonesischen Künstler Aghy Purakusuma zum dritten Mal in Folge für PURE WRATH gestaltete Artwork ist nun wirklich das finale Argument, sich “Hymn To The Woeful Hearts” unbedingt auf einem großformatigen Tonträger zu besorgen.

Es sei abschließend erwähnt, dass “Hymn To The Woeful Hearts” ein Konzeptalbum darstellt. Ryo dazu: “Das Album ist ein Tribut an eine Mutter und Überlebende des Indonesischen Genozids 1965 [Massaker an Kommunist:innen durch den General und späteren Präsidenten Suharto – Anm. d. Red.], deren Sohn gekidnappt, gefoltert und brutal geköpft wurde. Mehr als fünfzig Jahre lang musste sie unter dem Schatten der immer noch mächtigen Täter jede Sekunde ihres Leidens lang so tun, als sei alles normal.”

11.02.2022

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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