Pulver - Kings Under The Sand

Review

Und wieder etwas dazu gelernt. Es gibt mittlerweile offenbar einen Begriff, für die zur Zeit in nicht unerheblicher Anzahl auf der Bildfläche erscheinenden Bands, die sich an klassischem Metal, insbesondere der frühen Achtzigerjahre orientieren: New Wave Of Traditional Heavy Metal. Ok, gar nicht so falsch, diese Umschreibung. Diese Welle hat offenbar auch bereits das fränkische Städtchen Aschaffenburg erreicht, da PULVER sich doch recht eindeutig dieser Stilrichtung zuordnen lassen. Nach einer vielfach positiv aufgenommenen ersten 7″-EP folgt nun, ziemlich genau ein Jahr später, mit „Kings Under The Sand“ der erste Longplayer.

PULVER – Tadellose Gitarrenarbeit mit arg rumpeligem Sound

Das Aushängeschild der selbstbetitelten EP war klar der, nicht nur gesanglich von MOTÖRHEAD beeinflusste, lässige Rocker „Howl“. Der Album-Opener „Phantom Hawk“ versucht daran anzuknüpfen und beginnt ebenfalls mit einem Classic-Rock-Riff. Der durchaus kauzige Gesang von Dave Fröhlich hat aber etwas von seiner Lemmy-Attitüde eingebüßt und klingt weniger kraftvoll. Entsprechend können die Vocals nicht halten, was die tadellose Gitarrenarbeit des Duos Alex Oster und Lukas Kunkel verspricht. Auch die Gang-Shouts im Refrain retten da nichts.

„Blacksmiths Lament“ erinnert zu Beginn aufgrund der fast schon doomigen Riffs erst einmal an BLACK SABBATH, öffnet sich aber im weiteren Verlauf zusehends, wird lockerer und geradezu partytauglich. Das „Ohoho“-Finale ist dann fast schon wieder ein wenig zu viel des Guten. Auch im Titeltrack will insbesondere der gesangliche Funke nicht so richtig überspringen. Was rotzig gedacht ist, klingt oftmals eher nölig und kann nicht unbedingt mitreißen.

Soundtechnisch wollte man offenbar der Produktion deutlich mehr Druck verpassen, was leider in einem dumpf-rumpeligen Drumsound resultiert, der – wie z.B. in „Qarinah“ gerne mal andere Instrumente unter sich begräbt, die Percussions scheppern auch ordentlich vor sich hin. Klar, eine Band wie PULVER benötigt eine warme, analoge und vor allem natürliche Produktion. Zu viel Retro kann aber, wie hier, auch kontraproduktiv sein. Die Vocals könnten durchaus mehr Power haben, wenn nicht immer wieder stark auf Hall gesetzt werden würde. Ja, das haben die Bands von damals auch so gemacht, was aber nicht heißen muss, dass es PULVER gut zu Gesicht steht.

Ausgerechnet das Instrumental „Alpha Omega“ erweist sich dann als äußerst kurzweilig und vor allem dank seiner großartigen Flitzefinger-Twin Leads sogar als einer der stärksten Songs der Platte. Der schmissige, fast schon in Sprechgesang ausartende Refrain von „Curse Of The Pharao“ hat aber ebenfalls einen hohen Coolness-Faktor und sorgt somit für einen versöhnlichen Abschluss.

Die „Kings Under The Sand“ vergaloppieren sich

Nach ihrer vielversprechenden Debüt-EP vergaloppieren sich PULVER auf dem, mit gut 30 Minuten gar nicht mal so langen, ersten Langspieler etwas. Die coole Lässigkeit ist zwar durchaus noch hier und da vorhanden, allerdings fehlt sie auch an wichtigen Stellen. Während der Fünfer versucht, eine Werkschau seiner vielfältigen Einflüsse zu präsentieren, die u.a. IRON MAIDEN in der Di-Anno-Phase, BLACK SABBATH, MOTÖRHEAD aber auch LED ZEPPELIN umfassen, kommen nicht immer zwingende Songs dabei heraus.

Nicht falsch verstehen, wir haben es hier keinesfalls mit einem schlechten Album zu tun. Es wird klar wohin die Band möchte, interessante Trademarks sind bereits auszumachen und Talent ist sicher reichlich vorhanden. Ein Ausspruch wie „vergesst alles, was Ihr aktuell aus dem Bereich NWOTHM gehört habt, PULVER sind der heiße Scheiß“ kommt einem nach dem Genuss von „Kings Under The Sand“ aber sicher noch nicht über die Lippen.

01.05.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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