Psyopus - Our Puzzling Encounters Considered

Review

Das wohl durchgeknallteste und verwirrteste Album des noch jungen Kalenderjahres liefern die vier Amis von PSYOPUS mit „Our Puzzling Encounters Considered“ ab. Ein erfolgloser Versuch der Kategorisierung: jazziges Gummizellengeknüppel? Prog auf Speed? Spielkonsolengedudel mit Stromgitarren? Math-Grind-Avantgrade-Mischmasch? Nennen wir es einfach pädagogisch wertvollen und musikalisch hochwertigen Krach.

Wer auf nachvollziehbare, einfache und konventionelle Songstrukturen steht, der hat hier soviel verloren, wie ein intelligenter Dialog in einem Porno. Wilder und abgefahrener als Math-Core-Kollegen wie DILLINGER ESCAPE PLAN wüten PSYOPUS auf ihren Instrumenten. Das hat ein erstaunliches Maß an Virtuosität zum Vorteil, geht aber zu Lasten der Intensität. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: „Our Puzzling Encounters Considered“ ist in höchstem Maße extrem, kompliziert und verdammt intensiv. Aber PSYOPUS entwickeln keine solch beklemmende Atmosphäre, es gibt im Soundbild weniger Soundwände, weniger Kopfkino. Dafür sind die Songs einfach zu hektisch und hysterisch arrangiert.

Grundstein hierfür liefert die Rhythmussektion: wilde, free-jazz-artige Trommelwirbel, abgehackte und kurze Blast-Scharmützel, zudem artistische Beckenarbeit. Bei keinem Rhythmus wird sich lange aufgehalten, das Drumming ist eine halbstündige Impro-Darbietung auf technisch höchstem Niveau. Das alles ist null songdienlich, passt aber somit bestens zu den restlichen Instrumenten: Das eindrucksvolle Bassspiel, ebenfalls jazzig angehaucht, und das völlig virtuose und kranke Gitarrenduo. Griffbrettgewichse par excellence, verdammt schnelle Finger spielen extrem wirre Tonfolgen.
Der Nachteil hierzu: Diese Virtuosität geschieht zu Lasten der Eingängigkeit (sowieso kein Muss), der Nachvollziehbarkeit und der Zielgenauigkeit. Egal wie virtuos gespielt, solche Passagen vermögen auch schnell zu langweilen (zumindest Nicht-Musiker) und wirken stellenweise doch arg austauschbar. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Dennoch begeistern PSYOPUS zeitweise: famose Leistungen an den Instrumenten treffen auf Verrücktheit, angereichert durch Brutalität, Irrsinn und Wahnsinn. Gipfel des Irrsinns sind die freakigen Jazz-Zwischenparts („Imogens Puzzle Pt.2“, „Siobhanis Song“), die ohne Gesang und fast ohne Strom auskommen. Von der Spielzeit kann man übrigens knappe 30 Minuten Endlos-Schleife abziehen, anschließend gibt es noch einen lustig-chaotischen Studio-Jam zu belauschen. Eine volle Stunde des Wahnsinns wäre dann auch zuviel gewesen…

Schwere Finger und erschöpfte Synapsen bei der Punktevergabe eines verwirrten Rezensenten. Gut, genial, experimentell und extrem – Reinhören und eigene Meinung bilden!
Anspieltipps? Nicht nötig! Findet man Gefallen/Zugang an einem Song, so findet man ganz sicher auch Zugang zu den anderen.

28.02.2007
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