Psyopus - Odd Senses

Review

Nach zwei Gehirnficker-Alben sollte man eigentlich wissen, wer PSYOPUS sind und vor allem: was man von ihnen zu erwarten hat. Und so ist es auch keine größere Überraschung, dass diese gedankliche Rechnung voll aufgeht.
Keine 1-2-3-Songs, kein Komponieren nach Zahlen, und Eingängigkeit könnt ihr bei Penny kaufen. Die New Yorker Mathematikgrindcoremetaller bleiben ihrem Wahnsinn treu und hacken sich wie Berserker durch den Gehörgang.

Unkonventionell, unorthodox, höchsten technischen Ansprüchen gerecht werdend, extrem, komplex, experimentell und ungefähr genauso entspannend wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt – so klingen PSYOPUS und so klingt auch ihre dritte Offerte „Odd Senses“. Wer „Our Puzzling Encounters“ genauso abgefahren und durchgeknallt empfunden hat, wie er es braucht, der findet im neuesten Werk genau die richtige Medizin zur Fortsetzung der Therapie. Wildes Getrümmer, jazzige und virtuose Impro-Einlagen, tonnenschwere Breaks nach denen es IMMER wieder Alarm gibt, eingestreute Filmsamples, die dem Audiomassaker mehr als dienlich sind und zerhackstückelte Dialogsequenzen („Boogeyman“) sind die Zutaten, mit denen man in Rochester Musik zusammenbraut.

„Odd Senses“ scheint sogar noch ein bißchen ausgefallener als sein Vorgänger zu sein. Dafür sorgt noch nicht einmal der dritte Teil von „Imogen’s Puzzle“, der sich erwartungsgemäß vom Chaos der Platte abhebt, sondern zum einen „Ms Shyflower“ und zum anderen „A Murder To Child“. Erster wälzt sich teilweise schwerfällig aus den Boxen, wirkt schleppend, dröhnend und schwer, während letzteres Stück völlig aus dem Rahmen fällt. Neoklassisch, avant-gardistisch angehaucht hört man hier die klangfreudigen Techniker über Gitarren- und Violinensaiten huschen. Das oberflächliche Chaos gewinnt hier atmosphärisch einiges an Tiefe.

Zum Abschluß gibt es wie gewohnt eine 20-minütige Random-Madness-Orgie, musikalischer Wahnwitz, Klamauk, Insider-Witze, Filmtrailer zu Meisterwerken wie „Prude Dude Farting“ oder „Buttfucking at the Opera“ und Werbung für Katzenkapseln – „Wow, that’s so interesting, tell me more!“

Wer PSYOPUS und ihr Prinzip der mentalen Brechstange nicht kennt, wird mit diesem Album ganz klar seine Probleme haben. Zu beliebig, zu zusammenhangs- und strukturlos mag das erscheinen, was die Band hier in „Songs“ kleidet, wodurch hier eher der Eindruck von Griffbrettwichsern und Schlagwerkonanie entstehen könnte.
Fans der Kombo kommen dagegen auch in Runde Drei der Gehirnfräse voll auf ihre Kosten und dürften nicht enttäuscht werden. „Odd Senses“ wiegt schwerer, als es glauben macht, aber es ist auch Musik, die eine enorme Live-Energie ausstrahlt. Diesen Audioterror muss man livehaftig erleben.

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02.04.2009

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