Psygnosis - Human Be[ing]

Review

In schöner Regelmäßigkeit veröffentlichen die französischen Progressive/Industrial/Extreme Metaller PSYGNOSIS seit 2009 abwechselnd eine EP und ein Album, womit sie mittlerweile beim vierten offiziellen Release angekommen sind – dem zweiten Full-Length-Album „Human Be[ing]“. Und da sich beständiges Üben und Veröffentlichen (angeblich) positiv auf die Musik auswirkt, kann man auch PSYGNOSIS attestieren, dass sie sehr professionell und reif klingen – allerdings verzetteln sie sich teilweise doch ein wenig und wollen ein ums andere Mal zu viel.

So beginnt „Human Be[ing]“ gleich mit zwei Songs jenseits der Zehn-Minuten-Marke, beide sind zwar vielseitig und abwechslungsreich komponiert, aber PSYGNOSIS machen ihren Hörern den Einstieg damit natürlich nicht gerade leicht: Der Opener „Phase 6“ ist gleich ein sehr komplexer Song, der einige Durchläufe braucht, bis man seine Struktur gänzlich aufgedröselt hat – sofern man nicht zu jenen Leuten gehört, die mit Notizbuch und Bleistift Musik hören. Das anschließende „Resurrection“ ist da etwas leichter zugänglich, fängt es doch gleich mit einem überzeugenden Wumms-Part an, der (genauso wie der anschließende, von Leads dominierte Teil) auch von PSYGNOSIS‘ Landsleuten GOJIRA und deren Götterwerk „From Mars To Sirius“ stammen könnte. Im weiteren Verlauf des Songs – und auch des Albums – zeigt sich der Vierer aus Burgund verspielt, um Komplexität bemüht und immer darauf bedacht, den Stilmix aus Industrial Metal, Death Metal, Prog und leichten Black-Metal-Anleihen nicht zu inhomogen erscheinen zu lassen – was teils gelingt, teils aber eben auch einfach nicht.

Schwerer wiegt jedoch die Tatsache, dass PSYGNOSIS hier und dort mehr wollen als sie haben können, die in den Songs verbratenen Ideen rechtfertigen nicht immer Lauflängen von (teils weit) über zehn Minuten. Es mag sein, dass der Herr, dessen Sprachsample in „Resurrection“ verbraten wurde, eine Menge wichtiger Dinge zu sagen hat – wer kein Französisch kann, hat aber verloren. Und weil damit noch nicht genug Sprachsample-Philosophie betrieben wurde, wird in „Sil3nt“ ein weiterer, sich über mehrere Minuten erstreckender Monolog eingebaut, begleitet nur von ruhiger Instrumentierung. Nett gedacht, aber letztlich zum Einschlafen, da das einfach die Dynamik von „Human Be[ing]“ durcheinanderbringt – genauso übrigens wie das darauffolgende, knapp zweiminütige Streicher-Zwischenspiel „Sil3nt Part 2“.

Nein, ihre Stärken haben PSYGNOSIS ganz klar woanders – und zwar dort, wo sie die Keule herausholen und sich irgendwo zwischen GOJIRA, Brutal-Death-Metal-Bands (was die Vocals angeht), Djent-Riffing und solchen Post-Metal-Acts wie den aktuellen Aufsteigern OBSCURE SPHINX bewegen, immer dann können sie wirklich überzeugen. Was ihnen nicht liegt, sind bedeutungsschwangere, konzeptuelle Passagen, die obendrein noch ewig in die Länge gezogen werden und sich einfach nicht so wirklich mit dem hartmetallischen Teil von „Human Be[ing]“ ergänzen wollen. Das ist schade, denn technisch und kompositorisch haben PSYGNOSIS eine ganze Menge auf dem Kasten. Wäre das Album alles in allem etwas reduzierter und kompakter geraten, dann wäre eine Wertung im Top-Bereich drin gewesen, so kann es dem Mittelmaß leider nicht gänzlich entkommen.

28.03.2014

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