Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
2018 scheint das Jahr der großen Comebacks zu sein: Neben A PERFECT CIRCLE und TOOL haben sich auch PSYCHOTIC WALTZ zurückgemeldet und scheinen bereits fleißig an neuem Material zu arbeiten. Bislang ist ja die Lage der Informationen recht vage, sodass wir statt konkreter Informationen nur die Meldung vorliegen haben, dass sich da gerade irgendetwas tut – was immerhin ja besser als nichts ist. Andererseits macht das die Sache natürlich umso spannender. Aber nicht nur das, dieser Umstand ist doch überdies die perfekte Gelegenheit, im Rahmen unserer Rubrik „Blast From The Past“ auf einen der ganz großen Klassiker nicht nur der Band, sondern des US-Prog-Metal im Allgemeinen einzugehen. Denn nach so einem Album wie „Into The Everflow“ lecken sich auch heute noch zahllose Bands die Finger.
Von ASLAN zu PSYCHOTIC WALTZ
Dabei ist es fast schon erstaunlich, dass einem der außergewöhnlichsten Alben des Genres eine vergleichsweise konventionelle Geschichte vorangeht. Die Band hat sich im Rahmen ihrer Zeit in der High School zusammengefunden und ihre erste Demo unter dem Namen ASLAN veröffentlicht. Weil sie merkten, dass sie nicht die einzigen waren, die sich so genannt haben, erfolgte die Umbenennung in PSYCHOTIC WALTZ schließlich im Vorfeld zu den Arbeiten zum Full-Length-Debüt „A Social Grace“. Hier hat die Band noch eine härtere, technischere Schiene gefahren, die jedoch bereits eine atmosphärische Schlagseite inne hatte. Dadurch konnten sich die US-Amerikaner prägnant von Zeitgenossen wie WATCHTOWER, mit denen sie mitunter verglichen worden sind, abheben.
Von einem Klassiker zum Nächsten
Und von der Härte von „A Social Grace“ hat „Into The Everflow“ noch ein bisschen was mitbekommen, das im Übrigen von Ralph Huber (MEKONG DELTA) zusammen mit der Band produziert worden ist. Songs wie „Tiny Streams“ holzen sich aggressiv und sperrig durchs Geäst. Die Unterschiede liegen Im Detail, so klingen PSYCHOTIC WALTZ hier deutlich atmosphärischer und intuitiver als noch zuvor, weniger auf Härte und mehr auf Stimmung ausgerichtet. Hieran hat mitunter auch der etwas expressivere Gesang von Devon Graves einen entscheidenden Anteil. Der zwingt selbst einem rabiaten Song wie eben „Tiny Streams“ oder auch „Little People“ eine deutlich atmosphärischere Kante auf. Letzterer wartet dazu mit einer durchschlagskräftigen Hook auf, die dem Song in Zusammenarbeit mit den harten Grooves wiederum eine enorme Heaviness verleiht.
„Into The Everflow“ taucht in seltsame Sphären ein
Doch die ganz große Magie passiert in den Tracks, die sich langsam und zerebral dahin winden, die förmlich in das Unterbewusstsein des Hörers krabbeln und dort das Kopfkino in Wallung bringen. Das geht gleich beim Opener „Ashes“ los, der sich anhört wie ein vertonter Spaziergang durch eine bizarre aber schöne Fantasiewelt. Da kann man sich richtig drin verlieren, zumal der Track dank seines unglaublich geschmeidigen Flusses den idealen Einstieg in die hiesige Materie markiert. Doch in dieser Hinsicht haben PSYCHOTIC WALTZ eindeutig mit dem wahnsinnigen Titeltrack ihr Meisterstück abgeliefert. Dieser Song ist ein einziger Trip, acht Minuten Metal-Magie, die den Hörer in andere Sphären abtauchen lassen. Anders kann man es nicht beschreiben, ohne den Track dabei tot zu analysieren. Schön abgerundet werden beide Seiten der Medallie durch den abschließenden Track „Butterfly“, bei dem noch einmal die sphärischen Melodien und die harten Grooves schön in Szene gesetzt werden. Wirklich: An so einem Album muss die durchschnittliche Druffie-Kapelle lang stricken.
Ein Walzer für die Ewigkeit
Allein „Freakshow“ fällt qualitativ leicht ab. Zwar in sich stimmig, nimmt einen der Song auf nicht ganz so intuitive Art und Weise mit, wie das die anderen Tracks tun. Dennoch bleibt „Into The Everflow“ eines der stärksten Alben des US-Prog, das auch heute noch seine Relevanz nicht verloren hat. Und wer zudem die Neuauflage von Metal Blade von 2004 sein eigen nennt, bekommt mit „Disturbing The Priest“ sogar noch ein hochwertiges BLACK SABBATH-Cover geliefert, das die leichten Parallelen zu dieser Band, die PSYCHOTIC WALTZ immer wieder hier und da zeigen, noch einmal prägnant hervorhebt. Mit den folgenden beiden Platten „Mosquito“ und „Bleeding“ konnte die Band dann leider nicht mehr an die alte Qualität aufschließen und löste sich infolgedessen auch auf. Seit der Reunion haben uns die Herren mittlerweile auf die Produktion neuen Materials heiß gemacht. Jetzt, wo der Prozess endlich in Gang gekommen zu sein scheint, darf man gespannt sein, ob Graves und Co. endlich wieder ein Album wie dieses hier veröffentlichen werden.
Danke für diesen Artikel!
Das Album ist es wahrlich wert immer wieder hervorgekramt zu werden. Vor allen Dingen schaffen es PW die Atmosphäre auch auf die Bühne zu bringen. Etwas das Dream Theater und viele andere Prog Bands sich nur wünschen können.
Aus meiner Sicht die beste Prog Band bis dato (Betonung auf Band und nicht Ansammlung von Musikern).
Unterschreib ich so.
Das ist Progressivität die musikdienlich ist. Und eine Band die sich ins Songwriting einbringt und nicht 5 Typen die in 5 Bands spielen und das dann Polyrythmik nennen.
Auch nach dem 100. Durchlauf noch immer wieder gut.
Einer meiner alltime favourites im klassischen progmetal.
Wers nicht kennt kurz schämen, dann genießen!
Ein extrapunkt für den einzig legitimen Querflöteneinsatz im Heavy Metal. 🙂
Bleeding mag ich von diesen Herrschaften am meissten, wenn es nur nach Qualitaet gehen wuerde haetten diese Jungs Millionen verkaufen muessen.