Protector - Cursed And Coronated

Review

Verflucht und gekrönt, guter Albumtitel. PROTECTOR sind eine Institution, keine Frage. 1986 hat die Band um Frontmann Martin Missy, das anno 2016 einzige Mitglied, das schon in den Anfangstagen an Bord war, begonnen. 1993 dann die Pause, in der nur Splits, Demos und Compilations veröffentlicht wurden. Erst 2013 ging es mit einem neuen Studioalbum weiter, und in diesem Jahr folgte das sechste, das ebenso wie der „Reanimated Homunculus“ im Sunlight Studio im schwedischen Norrtälje aufgenommen wurde. Auch sonst hat man auf Bewährtes zurückgegriffen: Thomas Skogsberg zeichnete für die Produktion verantwortlich, das Mastering hat einmal mehr Patrick W. Engel übernommen, während das Coverartwork erneut aus der Feder von Kristian Wåhlin stammt.

Und noch eine Tradition haben PROTECTOR aufrechterhalten: „Cursed And Coronated“ bietet wie schon beim Vorgänger einen Mix aus neuem und älterem Material (die Songs „Terra Mater“, „Xenophobia“ und „The Dimholt“ lagen schon auf Demos und Split-Singles aus den Jahren 2011 und 2013). Sieben Lieder sind tatsächlich brandneu, dazu kommen ein Intro und drei Live-Tracks, die am Ende von „Cursed And Coronated“ platziert wurden, gekonnt nach Bühne tönen und das Live-Feeling prächtig überschwappen lassen („Protector Of Death“ vom gleichnamigen 1986er-Demo ist als erste Nummer, die die Band je geschrieben hat, natürlich ein besonderes Schmankerl). Ein ordentliches Paket also, das uns PROTECTOR hier zustellen!

Auch innerhalb der Songs hat sich erwartungsgemäß wenig geändert. „Cursed And Coronated“ ist ein Sammelsurium an Oldschool-Thrash-Metal der bösartigen Sorte – nicht immer anspruchsvoll im Sinne von technisch versiert, aber mit stimmigen Arrangements, die das locker wettmachen. Der Unterschied zu Referenzbands wie DESASTER liegt in der vereinzelt stark auf Death Metal ausgelegten Produktion, die wiederum an LEGION OF THE DAMNED erinnert. Songs wie „Six Hours On The Cross“ rufen indes den Black Thrash von NOCTURNAL und Konsorten in Erinnerung, und dass hier und da Parallelen zu den (anderen) deutschen Thrash-Ikonen zu hören sind, versteht sich von selbst. Ein ganz großes Plus sind die wahnsinnig guten Vocals, in denen sich das infernalische Image aber sowas von eindrucksvoll manifestiert. Und auch wenn die Refrains in der Regel in gewohnter Manier schlicht mehrfach den Songtitel wiederholen (im Opener und auch in „Selfdesdrugtion“ gut zu hören), sind es gerade die einwandfrei in die Songs integrierten Textpassagen, die begeistern – hier greift jedes Rad ins andere.

Die ersten drei Nummern sind fix unterwegs, wobei „Crosses In Carelia“ im letzten Drittel mit einem netten Schunkelpart überrascht. Der Schmelzpunkt des Bleis liegt bei 327 °C und den erreichen PROTECTOR das erste Mal im Titelsong. Hier zergeht der Bleifuß deutlich und lässt „Cursed And Coronated“ auf niedrigerer Geschwindigkeit und mit Heavy-Metal-Orientierung inklusive großem Lead-Mittelteil lässig Richtung „Six Hours On The Cross“ fahren, der dann wieder einen wilden Dämonentanz vollführt und dabei die Thrash-Keule ausgelassen über der Matte kreisen lässt. Apropos Titelsong: Da gibt es inhaltlich ein Wiedersehen mit Urm The Mad, der erstmals im 1989er-Werk auftauchte. Mit der Leadgitarre gehen PROTECTOR eher sparsam um, sodass die Soli und wenigen Gitarrenspielereien („The Old Boil“ beispielsweise) tatsächlich als gelungene Abwechslung im sonst sehr brachialen Gesamtsound agieren. „Cursed And Coronated“ ist eine geballte Ladung an giftigem Thrash der alten Schule, der keine Umwege geht, die zu weit vom etablierten Bandsound wegführen. Letztlich nicht großartig, aber wahrlich groß – den Extrapunkt gibt es für den Mehrwert durch Live- und ältere Songs.

11.03.2016
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