Procession of Spectres - A Vast Tomb

Review

Auf eine ausladende Diskographie können PROCESSION OF SPECTRES wahrlich noch nicht zurückblicken. Die 2011 formierten irischen Black Metaller haben bisher lediglich eine Split mit INDRID COLD und eine selbstbetitelte EP vorzuweisen; die nun vorliegende zweite EP „A Vast Tomb“ macht allerdings definitiv Lust auf mehr und zeigt auf zwei Songs über 20 Minuten, was der Fünfer aus Cork drauf hat.

PROCESSION OF SPECTRES greifen irische Geschichte auf

Inhaltlich befassen sich PROCESSION OF SPECTRES auf „A Vast Tomb“ mit einer der größten Katastrophen in der Geschichte ihres Landes, nämlich der Großen Hungersnot, die zwischen 1845 und 1849 über eine Millionen Menschen das Leben kostete und zusammen mit der daraus resultierenden Auswanderungswelle die Bevölkerung Irlands um 20-25% verringerte. Aber nun erstmal genug Geschichtsunterricht.

Der Titel des ersten Songs „1847“ bezieht sich auf das Jahr, in dem die Hungersnot ihren Höhepunkt erreichte und PROCESSION OF SPECTRES verstehen es, diese desolate Thematik angemessen musikalisch zu verarbeiten. Roh, ungestüm, zwischen hoffnungsloser Verzweiflung und rasender Wut schwankend, doch stets von einer beeindruckenden Musikalität beseelt zeigen PROCESSION OF SPECTRES, dass ihre ausladenden Kompositionen ohne irgendwelche Längen auskommen. Spätestens beim rockigen, leicht dissonanten Solo im letzten Drittel, welches schließlich in den emotionalen und mit geisterhaften Chören versehenen Höhepunkt des Songs explodiert, sollten einem eigentlich kalte Schauer über den Rücken jagen.

Der Titeltrack schlägt atmosphärisch in eine ähnliche Kerbe, ohne sich dabei aber musikalisch zu wiederholen. Mehrfach tangieren die Iren Death-Metal-Terrain, der Einstieg gerät blutig roh und chaotisch, außerdem wird die Todesblei-Schlagseite durch das abartige Gebrüll von Frontmann Líam Hughes (SOOTHSAYER) ebenfalls fett unterstrichen. Zur Mitte hin geht das dissonante Geschrote elegant in einen BATHORY-Marsch über, Chöre inklusive, bevor nach einem erneut recht rockigen Solo sumpfiger Death Doom das Ende einläutet.

„A Vast Tomb“ bietet keine leichte Kost

Komplett neu ist der thematische Ansatz von „A Vast Tomb“ zwar nicht, so haben sich etwa PRIMORDIAL in „The Coffin Ships“ bereits prominent mit der historischen Tragödie auseinandergesetzt. PROCESSION OF SPECTRES gehen musikalisch jedoch einen deutlich anderen Weg. Sie lassen die folkigen Untertöne ihrer Landsleute weitestgehend außen vor und sind tiefer im skandinavischen Black Metal verwurzelt, dessen Elemente Alan Averill und Co. seinerzeit bereits weitestgehend abgestreift hatten. Hinzu kommt ein ordentlicher Schuss urigen Death Metals, was der ganzen Angelegenheit zusätzliche Schwere verleiht.

Dabei orientiert sich die Band aber nicht zu offensichtlich an bestimmten Vorbildern und kocht mit bekannten Zutaten ihr eigenes Süppchen, welches mit einer angemessen rohen Produktion serviert wird. Einziger Wermutstropfen ist die kurze Spielzeit, nach 20 Minuten ist wie gesagt Schluss. PROCESSION OF SPECTRES empfehlen sich mit „A Vast Tomb“ aber definitiv für eine baldige Veröffentlichung in voller Länge.

28.10.2022

"Musik hat heute keinen Tiefgang mehr." - H.P. Baxxter

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