Private Angel - Selling Off Time In Wonderland

Review

PRIVAT ANGEL kommen aus dem beschaulichen Nürnberg im Frankenlande. Es gibt sie seit 1980, damals unter dem einfallsreichen Namen WILDCAT operierend sind sie in der Zwischenzeit in nahezu gleicher Besetzung zu den noch originelleren PRIVAT ANGEL (was meine rastlose Phantasie mit sowas wie einem Callgirlring verbinden will) mutiert. „Schnörkellos, den Zuhörer umarmend, hungrig, einzigartig…“, so werden sie vollmundig von ihrem Label angepriesen. Wir dürfen also gespannt sein…

Nun, wer die CD einlegt, weiß nach zwei Minuten, was ihn oder sie die nächsten geschlagenen 68 Minuten erwarten wird. Jawohl, auch in diesem Falle hat man es besonders gut gemeint und gleich 18 Songs eingespielt, „Value for money“ auch hier.
Der Opener „Changing Time“ beginnt in DEEP-PURPLE-artiger Manier mit Hammond Orgel, der einsetzende Gesang erinnert an WHITESNAKE zu „Ready And Willing“-Zeiten, das kann durchaus gefallen, dann jedoch erfolgt schon der jähe Absturz durch den vollkommen uninspiriert vorgetragenen Refrain, der im besten Falle ein verworfener KROKUS-Chorus sein könnte. „Hold On“, Song Nummer zwei, ist bereits eine Ballade, zum Mitschunkeln und Feuerzeug hochhalten für fünfzigjährige JOE COCKER-Anhänger allerbestens geeignet. Der Refrain zitiert David Coverdale 1:1 („Ain’t Gonna Cry No More“), sogar die Phrasierung könnte in dieser kurzen Passage vom Meister sein, das Ende ruft Erinnerungen an seligere URIAH HEEP-Zeiten hervor. Müssig zu sagen, dass die Trauben stets zu hoch hängen. Die Qualität der Vorbilder kann nicht erreicht werden, das liegt vor allem an den zu weichen zuckerigen, zum Teil fast das Ohr beleidigenden billigen Refrains und dem recht einfach gestrickten Songmaterial. Der Blues kann soweit weg sein…

Eines muss man ihnen jedoch lassen: die Gitarren wirbeln manchmal durchaus gut durch den Soft-Rocksektor, die Hooks können stellenweise durchaus überzeugen, der Bass pumpt ordentlich. Nach einer weiteren Kitschballade (Refrain: „Because I Love You“), gegen die „Still Loving You“ von den SCORPIONS eine atmosphärische Blackmetalnummer ist, geht es danach wieder WHITESNAKE-artig zur Sache, bis zum Chorus natürlich nur, der wieder mal alles verhunzt, auch die Vokoder können da nichts retten.

Manchmal versuchen sie auch, sich an den legendären Hardrock-Göttern von LUCIFER’S FRIEND zu orientieren, auch das muss scheitern, dazu fehlt es PRIVAT ANGEL an kompositorischer Reife, zu simpel sind letztendlich die Tracks konzipiert. „Hell Of A Time“ und „Friends“ sind Musterbeispiele für solch vollkommen missglücktes Songwriting. Beim Einsetzen der Refrains setzt unwillkürlicher Fluchtreflex ein, weitaus stärker übrigens, als wenn der Leibhaftige hinter dem heimischen Vorhang hervorträte und zum Tanz bäte…

So geht das über weitere 45 Minuten, munter bretzelnde Gitarren, wobei mir die Axemen leidtun, die könnten nämlich für eine professionelle Bluesrockband eine ganz ordentliche Besetzung darstellen. Eine Besprechung der restlichen Titel erübrigt sich an dieser Stelle. Zu sehr versprüht PRIVAT ANGEL permanent Coverband-Flair, in dieser Form könnte die Combo durchaus im Pub nebenan die älteren Semester (wobei ich hiermit nichts gegen selbige gesagt haben will!) in Fahrt bringen und zum Mitklatschen bewegen…

Spätestens hier wird der Leser bemerken, dass die Adjektive „hungrig“, „einzigartig“ oder „kurzweilig“ nicht recht als Bezeichnung für diese Weichspüler taugen wollen. Hungrig sind zumeist jüngere Bands, das bestätigt sich mal wieder…
Auch hier muss erneut darauf hingewiesen werden, dass Quantität (70 Minuten Spielzeit!) nicht die chronischen kompositorischen Schwächen des Sechsers aus Franken verdeckt, sondern im Gegenteil diese verdeutlicht, da sie dem Interessenten über einen viel zu langen Zeitraum eindringlich vor Augen, d.h. in diesem Falle vor Ohren, geführt werden. Das ist ziemlich unerfreulich, nur 40 Minuten dieser Art Musik wären weitaus mehr, vor allem wenn der Focus, wie schon oben erwähnt, auch mal auf gute prägnante Refrains gelegt werden könnte. Aber wer weiß, der
BAP-, JOE COCKER-, GRÖNEMEYER-, PUR- oder PETER MAFFAY-Rocker hat vielleicht seinen Spaß an diesem Werk, wenn es in der vertrauten Eckkneipe als Hintergrundmusik läuft.

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19.11.2006

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