Primordial - To The Nameless Dead

Review

Es ist kaum zu glauben, aber es ist beinahe drei Jahre her, dass „The Gathering Wilderness“ über uns kam. Der Zeitraum, in dem andere Bands schon lange wieder in Vergessenheit geraten sind, hat kaum ausgereicht, um das atmosphärisch dichte Werk vollkommen zu erschließen. Noch immer begeistert die Scheibe jedes Mal aufs Neue. Nun legen PRIMORDIAL ihr neues Werk vor.

Wirklich eilig hatten sie es damit nicht. Genauso wie ihre Musik beim Anhören mit jedem Durchlauf weiter reift, so scheint auch die Band ihr beim Komponieren genug Zeit zum Reifen zu lassen. Mit diesem Verständnis sind PRIMORDIAL in einer hastigen Zeit im positiven Sinne eine ungeheuer reaktionäre Band.

Auch was die Produktionstechnik angeht, legen die Iren wert auf Althergebrachtes. Für „To The Nameless Dead“ suchte die Band eigens ein Studio auf, in dem das Material live und analog eingespielt wurde. Vom dumpfen Wummer-Sound von „The Gathering Wilderness“ hat man sich dennoch ein gutes Stück abgewandt und sich dafür einen warmen, organischen Sound auf den Leib schneidern lassen, der durch wohldosierte Unschärfen das eigentümliche PRIMORDIAL’sche Traditionsbewusstsein verkörpert, aber dennoch die sonor surrenden Gitarren herrlich zur Geltung bringt.

Musikalisch schlägt „To The Nameless Dead“ die Brücke zu „Storm Before Calm“ und dem Feuer, das in ihm wütete, welches auch „Spirit The Earth Aflame“ schon seinen Namen gab. Die tragische, apathische Resignation von „The Gathering Wilderness“ ist passé: pulverisiert von einem glutäugigen Alan A. Nemtheanga, von Blastbeats und überall züngelnden Leads, von einmal mehr grandiosen Melodien und Gänsehautmomenten zuhauf. „To The Nameless Dead“ steckt zum Bersten voll der heroischen Erhabenheit, die der Band schon immer eigen war – und man meint: noch etwas mehr davon.

Trotz all dieser augenscheinlichen Rückwärtsgewandtheit sind PRIMORDIAL aber nie antiquiert. Sei es nun die Produktion ihrer Alben oder die geschichtlichen Hintergründe ihrer Texte – der Bezug zur Gegenwart wird nie romantischen Anachronismen geopfert. „To The Nameless Dead“ handelt zu einem Großteil von den Kleinen und den Verlierern der Geschichte. Von kleinen Völkern, die zwischen den Mühlsteinen der Imperien zermalmt wurden, an die lediglich noch Statuen und Denkmäler erinnern. So schulbuchhaft und fern diese Thematik auch klingen mag, findet sie doch – nicht nur in staatlichen sondern auch wirtschaftlichen – Globalisierungsbestrebungen der heutigen Zeit ihre erneute Manifestation. Die Kunde von der sich ständig wiederholenden Geschichte ist eine gern gebrauchte Binsenweisheit. PRIMORDIAL wehren sich gegen deren bloße Hinnahme als unumstößliche Wahrheit und besingen die namenlosen Toten. Ihnen soll dieses Album Gedenken und Fanal zugleich sein.

Uns Lebenden ist es hingegen ein absolutes Meisterwerk einer Ausnahmeband und zugleich die verzeihliche Hoffnung, dass sich die Geschichte in diesem besonderen Fall bitteschön ständig wiederholen mag.

12.11.2007
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