Primitive Man - Caustic

Review

Ganz bittere Nummer, was PRIMITIVE MAN dem Auditorium mit „Caustic“ zumuten, der Nachfolgerin von „Scorn“. Ganz bittere Nummer – in zweierlei Hinsicht.

PRIMITIVE MAN sind ultra-brutal

Generell entspricht ihr schleifend-langsamer, schwarz sumpfiger Beerdigungs-Death-Doom-Bastard gefühlt ziemlich exakt dem, was der fiktive, aufs Recht des Stärkeren zurückgeworfene Höhlenmensch als Soundtrack zu seinem Überlebenskampf mit der Technik von heute klanglich so fabriziert hätte. Und stellt so das Konstrukt eines zivilisatorisch mühselig kultivierten und eh schon von rechts wie rechts ständig unter Beschuss stehenden Wertesystems nicht eben subtil infrage. Ein nihilistischerer, ein sarkastischerer, ein direkterer akustischer Kommentar zum Wesen des Menschen ist ebenso schwer zu finden wie zu ertragen. „I’ll inhale the smoke that comes from your burnt bones“.
Wenn die zwölf Stücke auf „Caustic“ monströs und brüllend in all ihrer Dunkelheit auf dich zu stampfen, tun sie dies zwar großteils in Zeitlupe und ohne nennenswerte Finten. Dass du ihnen allerdings entkommst, ist nicht ausgemacht. Denn die Mischung aus dem Bösesten im Zeichen der Langsamkeit, legiert mit scharfkantigen Nerven-Killern aus Feedback und Noise-Elementen, kann dich schon Kraft ihrer bloßen Erscheinung eine Zeit lang paralysieren.

„Caustic“ aber verfehlt die einsame Insel

Allerdings wirkt der böse Zauber nicht in Vollendung. Zwar wirst du dich hüten, einzunicken, dass du dich PRIMITIVE MAN kopfüber und mit verzerrter Fratze ekstatisch in die Arme wirfst, ist gleichwohl unwahrscheinlich. Und so ist „Caustic“ leider auch (mit Abstrichen) eine bittere Nummer, da es PRIMITIVE MAN bei aller Achtung vor ihrer Konsequenz nicht schaffen, über die gut 77 Minuten ihres neuen Werkes zu fesseln. Natürlich ist die Repetition in einer Reihe an Musikstilen zentrales Element und kann mindestens im passenden Kontext – in diesem Fall beispielsweise: kein Licht, enger Raum, Violence in the air – entscheidend zur Wirkungsentfaltung beitragen. „Caustic“ aber ist zu sehr auf diese Hilfe von außen angewiesen. Die Riffs und der „Gesang“ als wichtigste Bausteine dieses Sounds sind für sich genommen letzten Endes – und um irgendjemandes Ende geht es bei „Caustic“ ja eigentlich durchgehend – nicht griffig beziehungsweise eigenständig genug. Und da sich PRIMITIVE MAN immer noch im Rock-Kontext bewegen, im Song-Format arbeiten, mangelt es ihrer Musik bis auf punktuelle Tempo-Verschärfungen an Abwechslung.

Also: „Caustic“ ist überdurchschnittlich, da überdurchschnittlich brutal. PRIMITIVE MAN beeindrucken vom Ansatz her ohne Frage. Aber wenn es um die 66 Platten (+ ’ne EP) an menschenverachtender Untergrundmusik für die einsame Insel geht, ist „Caustic“ nicht dabei.

Das Video zu „Victim“ verdeutlicht den Ansatz von PRIMITIVE MAN im übrigen recht plastisch: als Low-Budget-Kreuzung von „Fight Club“ und „Trainspotting“, die allerdings charmant auf deren jeweiligen Charakter als Wohlfühl-Komödie für die ganze Familie verzichtet. My goodness …

 

03.12.2017
Exit mobile version