Predatory Void - Seven Keys To The Discomfort Of Being

Review

Soundcheck April 23# 5 Galerie mit 12 Bildern: Predatory Void - Fall/Winter Tour 2023 in Hamburg

Erneut ist unsereins in dieser sonderbaren Situation gelandet, wo ich mit einem AMENRA-Ableger konfrontiert werde, ohne es direkt beabsichtigt zu haben. Umso mehr fällt mir auf, dass die Post-Metal-Fanboys der Redaktion langsam abgewandert zu sein scheinen. Jedenfalls sitze ich wieder hier als Nicht-Gläubiger einem Ausläufer der Church Of Ra gegenüber. Das letzte Mal waren es DOODSESKADER mit ihrem zwar nicht ganz einwandfreien, aber kraft des gitarrenlosen Sounds doch interessanten Mix aus Sludge, Noise und Nu-Metal-artigen Zügen. Nun sind es PREDATORY VOID, die sich um Lenart Bossu und Tim De Gieter formiert haben unter Inklusion der als Sängerin fungierenden Lina R. und ergänzt um Thijs De Cloedt und Vincent Verstrepen.

PREDATORY VOID – ein weiterer Ableger der Church Of Ra

Die Musik hierhinter ist definitiv mehr In Your Face als man das von AMENRA erwarten würde, sodass es Sinn ergibt, dass Bossu sich dieses Songmaterial für diese neue Band aufgespart hat. Die hiesigen Belgier passen aber ohnehin nicht sonderlich gut in die Post-Metal-Schublade, da sollte man schon eher die griffigere, Hardcore-affinere Seite der Sludge-Teergrube bedienen, um sich dem Sound hier anzunähern. Man füge Sprenkel aus Black und Death Metal hinzu und natürlich die Post-Metal-DNA, die zwangsläufig immer mal wieder an die Oberfläche herantritt und man hat einen ziemlich guten Eindruck dessen, was „Seven Keys To The Discomfort Of Being“ musikalisch zu Tisch bringt. Ist natürlich nicht innovativ, aber es funktioniert.

Wenn man die Atmosphäre wie im bedächtig inszenierten „Seeds Of Frustration“ nicht gerade auf dem Silbertablett serviert bekommt, wird sie oftmals in biestiger Aggression verpackt, eindrucksvoll bei „Endless Return To The Kingdom Of Sleep“ nachzuhören. Allerdings sollte man sich nicht zu sehr daran gewöhnen, denn „Seven Keys To The Discomfort Of Being“ ist kein Album zum Zurücklehnen und drin Versinken. Denn zwischen den stimmungsvolleren Passagen gehen PREDATORY VOID bevorzugt mit dem Brecheisen ran und applizieren eine sludgige Mixtur aus Hardcore und Death Metal, zu der sich Lina R. nach allen Regeln der Kunst die Seele aus dem Leib brüllt.

Es gibt noch Luft nach oben, aber „Seven Keys“ ist schon ein solides Fundament

Das Ganze bollert schon ordentlich, vor allem im Opener „Grovel“. Es gibt auch Abwechlsung, so ist „Shedding Weathered Skin“ mehr in langsameren Midtempo unterwegs, nah an der Grenze zum Doom, aber möglicherweise noch ein bisschen zu agil, um echt Doom zu sein. Was all dem aber noch fehlt, ist so ein bisschen das Händchen für memorable Hooks. Das geht „Seven Keys To The Discomfort Of Being“ noch ab. Es gibt Ansätze dahingehend, besonders effektiv beispielsweise in „* (Struggling)“ oder den großen, melancholischen Melodien, die den Rausschmeißer „Funerary Vision“ bevölkern, aber wenig setzt sich auf Anhieb in den Hirnwindungen fest oder löst diesen „Aha!“-Effekt aus.

Das ist eine Baustelle, an der im Hause PREDATORY VOID gerne noch gearbeitet werden darf. Sludge-Apologeten und Church Of Ra-Zeloten werden sich wahrscheinlich eh hier drauf stürzen und alles an „Seven Keys To The Discomfort Of Being“ als perfekt ansehen und das ist in Ordnung. In den Ohren eines normalsterblichen Musikliebhabers darf das beim nächsten Mal aber gerne noch etwas deftiger, konziser und gewitzter ausfallen. Ob bei der Intensität des Sounds Theatralik wirklich was bewirkt, weiß unsereins nicht abzuschätzen, aber vielleicht wäre das auch eine Erwägung wert. Jedenfalls haben die Belgier Luft nach oben, aber mit diesem Debüt schon ein solides Fundament geschaffen.

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14.04.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Predatory Void - Seven Keys To The Discomfort Of Being

  1. Schraluk sagt:

    Natürlich kann man ein Album oder ein Genre mögen, oder aber auch nicht und selbstredend ist es ok wenn man in einer Rezension auch zu verstehen gibt, dass man ein Album jetzt nicht abfeiert, nur weil es andere tun. Aber offensichtlich ist es in der Tat so, dass keiner so richtig Bock auf Sludge, Powerviolence, (new school) Hardcore oder Post-Whatever hat. Und zwar auch nicht erst seit gestern. Das ist schade, weil meiner Meinung nach damit eine Review eben wenig Aussagekraft hat, man als Rezensent keine schlüssige Verweise auf Lager hat, oder man eine Platte als würdigen Einstieg in einen vlt. neuen Sound teasern könnte. Meiner bescheidenen Meinung nach bietet Predatory Void weit mehr, als es die Review erahnen lässt. Und das sage ich als grosser Freund nicht nur der Church Of Ra Geschichten.

    8/10
  2. Schraluk sagt:

    Nach 3-tägiger Dauerschleife muss ich auf 9 Punkte erhöhen. In diesem Genre definitiv die beste Scheibe in diesem Jahr. Zwischen Oathbreaker, Mass Worship, Downfall Of Gaia, gelegentlichen Cult Of Lund Ausflügen und polnischen Reminiszenzen in Richtung Outre und Konsorten, schön zwischen Hasenfick und doomigem pendelnd, Gekreische und cleanen Vocals, zwischen Milena Ewa und Caro Tanghe und mit Tim De Gither n satten Basser mit Growl-Raffinesse. Gefällt mir sehr. Kein Stück ein Filler. Wie gesagt, die negative Benotung bleibt ein Rätsel. Fast.

    9/10