Possessed - Revelations Of Oblivion

Review

Soundcheck Mai 2019# 3 Galerie mit 14 Bildern: Possessed - Rock Hard Festival 2019

Eigentlich verbergen sich hinter „Revelations Of Oblivion“ gleich zwei Sensationen: Zum einen natürlich ist es das erste Full-Length-Album von POSSESSED seit über 30 Jahren. Auch wenn die Band bereits lange Zeit vorher reaktiviert worden ist und sich um Bandgründer Jeff Becerra fast ein kleines All-Star-Lineup geschart hat, kam es erst 2017 zu einem Plattenvertrag bei Nuclear Blast und nun, 2019, endlich zur Veröffentlichung des besagten Albums. Die zweite Sensation hat mit dessen Qualität zu tun. Sicher haben die Herren auch den Vorteil, dass sie als Urväter des Death Metal einen anderen, deutlich ursprünglicheren Blick für die Dinge haben. Sprich: Ihr im positiven Sinne antiquierter Todesblei lässt einen faulig-frischen Wind im Genre wehen.

POSSESSED stecken die ganz alte Schule in ein neues Gewand

Dass POSSESSED sich natürlich qualitativ nicht lumpen lassen würden, ist Ehrensache; immerhin ist klar, dass alle Augen un Ohren auf eine Band gerichtet sein würden, die wahre Pioniersarbeit für ein mittlerweile ungemein breit gefächertes Genre geleistet hat, wenn diese nach so langer Zeit wieder in den Ring steigt. Und es wundert daher nicht. dass die Herren ihren Sound der alten Schule unter anderem aus ihren alten Einflüssen speist wie den früheren VENOM und MOTÖRHEAD. Es wird noch eine amtliche Portion Old-School Thrash hinzu addiert und dann geht sie ab, die Luzi. Naja, nicht ganz, vorher wird der Hörer noch durch den „Chant Of Oblivion“ begrüßt, einem symphonischen Intro, das zwar passt, das man aber auch nicht vermissen würde. Aber irgendeine moderne Trope musste die Band ja mitnehmen.

Zum Glück holzen sich POSSESSED beginnend mit dem folgenden „No More Room In Hell“ über den Rest des Albums herrlich durchs Geäst. Die Gitarren sägen sich markant aber nicht zu penetrant in die Gehörgänge hinein und zeugen von einer Produktion, die das klassische Songwriting in einem zeitgemäß klaren Gewand präsentiert und zu keiner Zeit übersteuert. Dass man dennoch deren infernatlische Wucht zu spüren bekommt, liegt an den hervorragenden Riffs, die sich teuflisch und präzise durch die Songs winden, dabei immer wieder an der Schwelle zum chaotischen entlang gleiten, ohne diese zu überschreiten. Es bleibt einprägsam und greifbar, vor allem aber eingenständig und im weiteren Verlauf enorm abwechslungsreich.

Die Abwechslung macht’s

Auch Jeff Becerras rauer Gesang trägt zur Eigenständigkeit bei, der seine Lemmy-Schlagseite kaum verleugnen kann, aber selbstredend natürlich mehr Aggression passend zum Klangbild mitbringt. Er arbeitet sich dabei mehr schimpfend denn singend durch die Songs. Doch wenn er wie in „Dominion“ immer wieder kleinere Gesangsmelodien anklingen lässt, zeigt sich, wie gut hier alles aufeinander abgestimmt ist. Dieses in sich stimmige Gesamtbild offenbart sich auch in komplexeren Stücken wie „Demon“, das die Intensität der Thrash-Kante unter anderem durch das Tempo durchweg variiert. Unterdessen gerät „Shadowcult“ fast ein bisschen hymnisch und nimmt dabei noch eine Nase neuerer OVERKILL mit.

Dem Titel gemäß kommt „Omen“ förmlich ominös daher mit den wohl melodischsten Gesangslinien Becerras in der Hook, die passend zum unheilvollen Ton des Songs eine düstere Stimmung verbreiten. Regelrecht atmosphärisch dank sakral anmutender Synthesizer wird es in der Hook von „Ritual“, dem ansonsten vielleicht heaviesten Track der Platte. Fast ein bisschen in klassischem, skandinavischen Melodic Death Metal wildert „The Word“, während „Graven“ den Härtegrad dank heftigen Geknüppels noch einmal ordentlich anzieht. Mit dem Outro „Temple Of Samael“ klingt die Platte dann hiernach ruhig, aber nicht minder sinister aus und beschließt ein fulminantes Comeback.

Auf „Revelations Of Oblivion“ steppt der Teufel

POSSESSED platzieren sich selbst mit „Revelations Of Oblivion“ ziemlich weit vorne, klingen dabei trotz ihrer Ursprünglichkeit frisch und unverbraucht. Ihr Death Thrash klingt angesichts der Entwicklung, die vor allem der Todesblei seit den Achtzigern durchlaufen hat, eigenständig und hat nichts von seiner Relevanz verloren. Möglicherweise haben die US-Amerikaner hier vielleicht auch einfach nur den goldrichtigen Zeitpunkt getroffen, um ihr Comeback auf Silber zu bannen, und profitieren davon nun im vollen Maße. So oder so knallt „Revelations Of Oblivion“ aber genau richtig – subtil genug, um die Textur und das unglaublich präzise Handwerk hierhinter erkennen zu lassen, und doch zupackend und infernalisch, dass der Teufel wie der Bär steppt und sich dabei ein zweites Loch in den Arsch freut.

Dass das Coverartwork übrigens entfernt an GHOST denken lässt, kommt nicht von ungefähr. Hier war Zbigniew Bielak am Werk, der schon für die Schweden gezeichnet hat. Das aber nur so am Rande…

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09.05.2019

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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11 Kommentare zu Possessed - Revelations Of Oblivion

  1. vapinio sagt:

    Oh Mann, was´n Brett. Nach über 30 Jahren. Vom feinsten. Chapeau

  2. Nether sagt:

    Wer hätte das erwartet? Possessed zeigen den ganzen kleinen Rotznasen wie man es macht. Ich ziehe auch meinen Hut.

    9/10
  3. BlindeGardine sagt:

    Rödelt ordentlich und hat ne sehr geilen Gitarrensound. Der Gesang ist nicht so zwingend meins aber insgesamt kann das schon was.

    8/10
  4. ClutchNixon sagt:

    Coole Mucke. Ist es okay wenn ich die Vocals scheiße finde? 😉
    War immer so, aber besoffen auf Party natürlich gut finden: „Seven Churches Aller! Richtig geil!“ Ein Ursprungsmitglied. Naja, wohl auch deshalb ist das Instrumentale so gut. Umfeld Gruesome, Create a kill. Wen wunderts also, aber diese Vocals 🤦🏻‍♂️

    6/10
    1. der holgi sagt:

      Tja, bis auf den Sänger hat die Besetzung nix mehr mit den alten Possessed zu tun, was mich nun wirklich zum Grübeln bringt. Der Gesang ist speziell, das war damals schon so, das Instrumentale jedoch ist aktuell weit besser als in den alten Zeiten und hat für mich einen faden Beigeschmack, es wäre wohl ehrlicher gewesen die Band hätte einen anderen Namen gewählt.

      Die Musik an sich erinnert mich an alte Death, das gefällt mir.

      Ob und in wie weit eine Band 30 Jahre nach dem Split in so gut wie neuer Besetzung mit „besseren“ Musikern noch einmal aufschlagen sollte weiss ich nicht, aber hier handelt es sich um gute Mucke, passt.

      7/10
  5. Dor Leo sagt:

    Schließe mich den vorigen Kommentaren, an feines Brett, macht Laune. Mit dem Gesang tu ich mich aber auch schwer.

    8/10
  6. hypnos sagt:

    ich finde die vocals klasse! allemal besser als wenns wieder langweilige 0815 Growls wären wie bei 90% vom death metal

    8/10
  7. BlindeGardine sagt:

    Ich muss dazu sagen, dass ich den Gesang auch gar nicht unpassend finde. Ich mag einfach den rau-punkigen Gesangsstil nicht besonders, deswegen bin ich auch kein großer Fan von Motörhead oder Venom. Aber wie schon gesagt, der instrumenale Teil reißt es dann für mich doch ziemlich hoch.

  8. Headcleaner sagt:

    Was für ein Brett! Auch in neuer Besetzung 100% Possessed, der Name steht da schon völlig zu Recht drauf. Muss ich mir dann doch nach über 30 Jahren mal wieder live geben.

    „…einem symphonischen Intro, das zwar passt, das man aber auch nicht vermissen würde. Aber irgendeine moderne Trope musste die Band ja mitnehmen.“ – die hatten schon auf „Seven Churches“ und „Beyond The Gates“ symphonische Intros. Also nix mit „moderne Trope“…

    9/10
  9. mr.cb sagt:

    Der Gesang scheint echt ein Fall von „Hit or Shit“ zu sein, mich hat gerade dieser zu allererst gepackt. Geiles Album!

    9/10
  10. Urugschwanz sagt:

    Immer noch genialer Old School DM. Mal eine Band die nach Ewigkeiten ein wirkliches Brett hinlegt. Bin begeistert. Auch wenn der Gesang jetzt eher Thrashig ist als Death.

    9/10