Portishead - Third

Review

Schön wie ein Strommast auf grauer Wiese ist “Third“ geworden. Das erste PORTISHEAD-Studiowerk seit über zehn Jahren klingt unkommerzieller denn je. Wäre ihr Bandname nicht unzertrennlich mit dem äußerst populären Debüt “Dummy“ verbunden, Beth Gibbons, Geoff Barrow und Adrian Utley könnten wohl tatsächlich wieder in Clubs spielen. So aber müssen sie sich weiterhin mit Universal im Rücken und dem Massenpublikum vor der Bühne abfinden. Ja, das Leben im PORTISHEAD-Universum ist traurig.

Zum zackigen Bum-Tschik-Beat aus den Schaltzentralen des Kalten Krieges, über den sich eine blutrote Gitarre schlängelt, klagt Gibbons in der Mitte des Albums: „On and on / I carry on…“, was verdächtig nach „I can’t breath on“ klingt. Am Erfolg zerbrachen einst die Privatleben der einzelnen Mitglieder, da verwundert es nicht, dass “Third“ nach klaustrophobischen Hallkerkern und verstörender Weite tönt, über der eine feucht-kühle, bewölkte Atmosphäre liegt – in der Ferne die Umrisse von Perdition City, Tarkovsky winkt gelegentlich. 20, 30 Jahre alte Elektronik-Avantgarde und Krautrock sollen Pate gestanden haben, selbst die Namen von Doom-Metal-Größen wie EARTH, SUNN0))) und OM waren in Interviews oder auf T-Shirts zu lesen.

Unterm Strich gibt es natürlich trotzdem unverkennbar PORTISHEAD: verzweifelt, einsam, leise, verwehend, intim, schwebend – die alten Adjektive passen noch. Liebe ist wieder mal nur eine Erinnerung; dem letzten Glimmen in der Dämmerung folgend, bleibt am Ende doch nur ein vager Abglanz zurück. Auf “Third“ wird die Sache allerdings regelrecht unangenehm. „I stand on the edge of a broken sky…“ Bedrohlich raunt die Gitarre. Es dominiert flächiges Elektro-Flickwerk, das einen schrägen, reduzierten, analogen Eindruck macht; gelegentlich wird ein Cello verwendet, Melodiefetzen, Folk-Anklänge… Kaum zu sagen, ob die Sounds alt oder jung, modern oder schon wieder modern sind. Den Takt geben rhythmische Krüppel vor, seziert in der Geisterwelt der Einsen und Nullen, entführt aus einer vergessenen Ausstellung, die im Zwielicht der Geschichte Patina ansetzt.

’Machine Gun’: Folter in der maschinellen Effekthölle als Single. Retro-Cyberblues statt Hit-Material. “Third“ gehört definitiv zu den Alben, auf die man sich sehr bewusst einlassen sollte. Auch einige weniger fesselnde Passagen wird man dann – je nach Gemütslage – hören. Beispielsweise prägt auf ’Nylon Smile’ eher unspektakuläres Getucker die Klanglandschaft, zudem wirkt das Wimmern der Gibbons in diesem Stück abgenutzt. Doch irgendwie erscheint sie schon verlockend, die Hütte am Rande der Zivilisation, unter dem Strommast auf der grauen Wiese.

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06.05.2008

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1 Kommentar zu Portishead - Third

  1. Matthias sagt:

    Hm, mir mangelt es an Schwere bei "Third", das ansonsten ein gutes Album geworden ist. Die so wunderschöne melancholische Dichte fehlt einfach. Es fehlt ein wenig das, was die Stimme Beth Gibbons‘ ausmacht: Die tiefe Leidenschaft. Zwar spürt man auch hier eine gewisse Hingabe, aber eben etwas verhaltener als noch zB auf dem zweiten Album. "Third" ist durchaus ein schönes Album geworden, kann aber mit "Dummy" und "Portishead" nicht mithalten.

    7/10