Porta Nigra - Weltende

Review

Mit „Weltende“ tauchen PORTA NIGRA erneut in eine düstere Epoche ein. Maßgebende Szenerie des Albums sind die Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges. Das Projekt um Mastermind Tobias erschafft den Soundtrack einer dunklen Zeit, welche die verzweifeltsten expressionistischen Ausbrüche zur Folge hatte. Schlüsselfiguren sind die Dichter dieser Epoche, deren Textgut als lyrisches Grundgerüst für die bandeigene Interpretation geschichtlicher Ereignisse und geschriebener Zeitdokumente dient. PORTA NIGRA erschaffen ein dichtes, bedrohliches Hörerlebnis, dessen Intensität und Atmosphäre die Schwere von Senfgas und Schwefel dieser Jahre atmet.

PORTA NIGRA – Zeitreise in eine dunkle Epoche

Musikalisch setzen PORTA NIGRA dabei keineswegs auf raue Geschichtsschreibung, sondern betten ihre Wahrnehmung in ein sehr modernes Klangbild. Entgegen der abstrakten inhaltlichen Seite ist die Albumproduktion zeitgemäß, ohne dabei den Boden unter den Füßen zu verlieren. Bestes Beispiel: Die Drums von Neuzugang Jöschu Käser untermalen mit unglaublicher Wucht und festem Kick fast jeden Song mit echten Sturmgeschützfeuer.

Die Platte, bestehend aus acht eindringlichen Songs, wird exakt in der Mitte durch einen dezenten Piano-Part kurz aufgebrochen, bevor es erneut in den Schützengraben geht. Das Interludium „Bestienschlund“ ist eine verzweifelte, eiskalte Exegese eines Gottfried Benn-Klassikers, die in diesem Kontext nicht empathischer hätte klingen können.

Die einzelnen Songs sind trotz konzeptioneller Einordnung vielschichtig und leben von divers gehaltenen Tempi und versiertem Spiel. Sowohl Gesang als auch die durchweg eingestreuten gesprochenen Samples stützen die Tracks in ihrem Aufbau perfekt. Es fällt schwer, aussagekräftige Songs exemplarisch hervorzuheben, aber bereits die drei vor Release ausgekoppelten Singles „Götterblut“, „Die Himmlische Revolution“ und „Es Ist Krieg“ machen deutlich, wie divers PORTA NIGRA zu Werke gehen. Um zu erfassen, wie letztendlich alles miteinander verbunden ist, muss man „Weltende“ als Ganzes konsumieren.

„Weltende“ – verkochtes Blut und Teufelspoesie

Mit ihrem vierten Album porträtieren PORTA NIGRA eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte und zeichnen ein erschütterndes und zugleich visionäres Bild der Vergangenheit. Sowohl mit der lyrischen wie musikalischen Umsetzung, der gesanglichen Darbietung als auch mit der Einbettung in zeitgemäße Klangbilder übertrifft die Band ihr bisheriges Schaffen und öffnet neue Abgründe für Hörerinnen und Hörer, die bereit sind, sich darauf einzulassen. „Weltende“ garantiert Schauder, Gänsehaut und Suchtfaktor in einem – ein Album, das bei einer Spielzeit von knapp 48 Minuten keine Sekunde an Überzeugungskraft einbüßt und dabei noch so viele Fragen offenlässt, dass wiederholtes Eintauchen unumgänglich ist.

27.07.2023

- perfection is the end of everything -

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