Auf das überraschend einschlagende Debüt folgt im Werdegang des musikalischen Newcomers gemeinhin das unter Erwartungsdruck und zu Vergewisserungszwecken gepresste Zweitwerk. Und danach? Beginnen die stetigen Albumveröffentlichungen und Tourzyklen schon zur Routine zu werden.
Indem sie ihre dritte Veröffentlichung nun flapsig „The New Routine“ betiteln, führen die Schweden von PORT NOIR ihre Hörer jedoch auf eine falsche Fährte. Deutlich weiter noch als der Vorgänger „Any Way The Wind Carries“ (2016) entfernt sich das Album von den düsteren Post Metal des Debütalbums „Puls“. Routine ist hier noch lange nichts.
Die vertrackten Gitarrenwände haben sich gelichtet
Für „The New Routine“ haben PORT NOIR laut eigenen Angaben eine Schnittstelle zwischen ihren frühen und ihren aktuellen musikalischen Einflüssen gesucht. Das Ergebnis klingt poppig und radiotauglich wie nie.
Nach wie vor löst vor allem die klare, hohe Stimme von Bassist und Sänger Love Andersson Assoziationen zu Bands wie LEPROUS und AGENT FRESCO aus. Aus instrumentaler Sicht haben PORT NOIR die vertrackten Gitarrenwände und die rhythmische und songwriterische Komplexität jedoch klar zurückgefahren.
Der Bass spielt noch immer eine dominante Rolle, wird auf „The New Routine“ jedoch an vielen Stellen massiv von wummernden und pulsierenden Synthesizern unterstützt. Wo „Old Fashioned“ – programmatisch betitelt – noch einen recht konventionellen Einstieg in ein Album von PORT NOIR einstellt, changiert bereits „Flawless“ stilistisch zwischen neuen MUSE und RAGE AGAINST THE MACHINE. „Blow“ und „Low Lights“ sind mehr als tanzbar und „13“ bringt Funk Rock im Stile früher PEPPERS bzw. AUDIOSLAVE. Über weite Strecken auf Beats und Bässen aufbauend, erinnert „The New Routine“ nicht zuletzt an die R&B-Momente des späten ARCTIC MONKEYS-Klassikers „AM“.
PORT NOIR referenzieren die Popmusik mehrerer Jahrzehnte
In der Tat referenzieren PORT NOIR auf „The New Routine“ die Vibes verschiedener musikalischer Jahrzehnte und reißen mit Vocoder-Anleihen, Electro- und Techno-Sounds sowie Hip-Hop-Beats diverse Universen auf. Obschon im Soundbild glatter und poppiger, ist das Album aber dennoch nicht einmal unbedingt eingängiger als der Vorgänger mit seinen melodramatischen Melodiebögen. Viele Details müssen in mehreren Hördurchgängen erschlossen werden.
Metal ist das nicht, geschmackvoll, interessant und mitreißend aber durchaus.
Das Pathos fest im Blick, die Kohle auch. Was soll das sein: Ein Refrain? Frech übrigens wie in Bridge/Mittelteil bei den Beastie Boys und Rage against the Machine geklaut wurde. Klarer Fall für den Eurovision Songcontest und somit zum Kotzen. Kaum zu glauben, dass dies die gleiche Band sein soll, deren Debüt mich damals komplett beeindruckte und mit dem zweiten Album qualitativ ebenfalls bestach.
Ja, in der tat schade, Port Noir auf kommerziellen Abwegen. Im Vergleich zu bspw. The Bloody Valentine würde ich das zwar immer noch klar bevorzugen, wenn man aber ihre früheren Werke berücksichtigt, kommt man um nicht drumherum ziemlich enttäuscht zu sein. Wier aber sicher seine Fans finden.
Konnte mich anfangs leider nicht wirklich mit dem neuen Sound anfreunden, nach wiederholtem Hören kommt man der Platte dann aber doch auf die Schliche und entdeckt die ein oder andere Finesse.
Nach dem 3. Durchlauf hab ich mich dann schon über meinen fliegenden Kopfhörer freuen können 😉
Wirklich geniale Platte, auch wenn sie etwas zum Zünden braucht !
Zum Review: Name Dropping schön und gut, aber wie kommt der Autor nun eigentlich auf seine Wertung ?
Mittlerweile finde ich das Album ganz gut. Wenn ich Lust auf ein kreatives, durchaus niveauvolles Pop Rock Album mit Alternativem Einschlag habe, greife ich hier gerne mal zu. Nur im Vergleich zum Vorgänger bin ich immer noch sehr enttäuscht. Früher ging es eher in die Emo Rock Richtung, wie die genannten Leprous oder einige Autumnblaze Alben, etwas besonders, das man nicht so oft vorgesetzt bekommt. Sehr schade, dass das von Port Noir so schnell schon über Bord geworfen wurde. Dennoch gutes Album.
Finds auch nicht so geil. Es ist definitiv nicht schlecht, sogar weit überdurchschnittlich, aber die Vorgänger haben mir besser gefallen.
Hm…