Comebacks sind nichts anderes als unverholene Nostalgie, gerade in der Musik. Wenn sich alte Bands wieder zusammentun, die seit mehreren Jahrzehten keine Musik mehr gemacht haben, dann ist es oft die Wiederbelebung eines alten Hobbys. Es ist auch ein Versuch, um die Vergangenheit wiederzubeleben. So auch bei den Schweizer Thrashern POLTERGEIST. Recht spontan beschlossen sie Silvester 2012 die Band wieder zusammenzubringen. Seitdem zählen sie wieder zur Thrash-Szene und treten auf Veranstaltungen wie dem Thrash Speed Burn auf und veröffentlichen (einigermaßen) regelmäßig neue Alben. „Back To Haunt“ erschien 2016, nun ist mit „Feather Of Truth“ das zweite Post-Reunion-Album da und gibt Auskunft über deren Nachhaltigkeit.
No trends, no bullshit
Zuallererst sollte geklärt sein, dass POLTERGEIST nicht die gängigen Trends bedienen. Dass die Hörer nicht den Eindruck bekommen soll, dass es sich hierbei um verlorene Demos handelt, sondern tatsächlich um neues Material. Auch wenn es noch ordentlich holzt, ist der Härtegrad im Vergleich zu einigen Kollegen nicht so hoch. Das liegt überwiegend daran, dass die Bandmitglieder keine Lust darauf haben. Mit dem cleanen Gesang und dem unüberhörbaren deutschen Akzent klingt André Grieder wie Gerre von TANKARD. Auch gibt es kein Shredding, sondern sehr melodiöse Soli. Sehr schön.
Wie wohl sie sich in der Szene fühlen, offenbart ‚Saturdays Night Alright For Rockin‘. Auch der Text klingt nach einem verschwitzten Thrash-Konzert. Gleichzeitig sind sie auch gesellschaftskritisch: ‚The Attention Trap‘ ist eine Abrechnung mit den sozialen Netzwerken und ‚The Culling‘ arbeitet sich an den „1%“ ab. Die üblichen Themen und Positionen also.
„Feather Of Truth“ festigt den Status von POLTERGEIST
Es mag albern vorkommen, diese Kritik anzubringen, gerade bei so einer altgedienten Band, aber sie hilft doch, um die Wertung nachzuvollziehen. Die Kompositionen sind alle sehr songdienlich, alles läuft auf den eingängigen Refrain heraus. Obwohl es variabel ist, bedienen sich die Songs an altbekannten Mustern. So wird das Album mit fortlaufender Dauer etwas fad. Wo man beim ersten Track noch fleißig am mitbangen ist, nippt man beim sechsten Track eher genüsslich an seinen Bier. Das macht „Feather Of Truth“ nicht zwingend zu einem schlechten Album, schmälert aber deren Relevanz.
Allerdings wäre es natürlich vermessen, allzu hohe Maßstäbe an POLTERGEIST anzulegen. Sie waren früher in den Achtzigern ein großer Fisch in der hiesigen Thrash-Szene und können zusätzlich zu ihrem Veteranen-Status solide Songs mit hohen Hörspaß beisteuern. Und daran sind nicht nur in jüngerer Zeit schon ganz andere gescheitert. Es bleibt nichts anderes übrig als zu sagen: Schön, dass ihr bleibt. Wobei sie wohl die einzigen Poltergeister sein müssten, die das zu hören bekommen.
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