PITBULLS IN THE NURSERY legen mit „Equanimity“ wieder eine überragende Platte vor. Der Vorgänger „Lunatic“ wurde, von einem nicht mehr für die Redaktion tätigen Redakteur, als ‚Blutbad‘ tituliert. Genau das ist es aber eben nicht, was die französische Technical Death Metal-Band mit ihrem progressiven Sound anrichtet. Für’s Grobe sind Bands wie CANNIBAL CORPSE zuständig, die ballern dir musikalisch mit Streufeuer aus dem Schrottgewehr mehrfach in den Kopf oder benutzen zum Entladen der blinden Wut auch gerne mal den schnöden Vorschlaghammer aus der Werkzeugkiste von Opa. Geht schnell, macht aber eine mordsmäßige Sauerei.
©Immortalizr, Brian Ravaux
PITBULLS IN THE NURSERY sind anders, viel subtiler und hinterhältiger. Sie schicken dir eine Botschaft per Morse und rückwärts, halten ihre Opfer lange hin, spielen schwelgerische Melodiebögen, die Hoffnung hegen lassen. Nur um dann letztendlich von ganz weit weg und wenn du gar nicht mehr daran denkst, still und heimlich mit einem einzigen kaum hörbaren Schuss dein Leben zu beenden. Kaum Blut, keine Zeugen! Intelligenz, Geduld und eine gewisse Vorstellungskraft sollte man schon mitbringen, um „Equanimity“ restlos in sich aufsaugen zu können. Auch wenn PITBULLS IN THE NURSERY der typischen Instrumentierung folgen, so geben sie sich doch noch lange nicht damit zufrieden. Stakkato-Riffing und akzentuiertes Drumming trifft auf Sitar, Reggae-Einflüsse, verstörende elektronische Spielereien und vorallem lassen sich die Musiker Zeit. Alles atmet und breitet sich heftig aber langsam aus, bis jede kleine Ritze und der letzte Winkel komplett ausgefüllt sind.
„Insiders“ nagelt gnadenlos alles fest, versprüht klirrend kalte Atmosphäre und der Gesang von Tersim Backle erinnert an einen wahnsinnigen Massenmörder, der geifernd seine letzte Drohung ausspricht, nachdem er die Herrschaft über alle TV-Sender übernommen hat. Hier zeigen sich PITBULLS IN THE NURSERY gnadenlos – keine auflösenden Melodien, kein Applaus, keine Hoffnung. Ganz anders sind dagegen das leicht verspielte „Conspiracy“ , welches immer wieder disharmonischen Frohmut vorgaukelt oder „Soulbones“, welches den Hörer mit einem exotischen Part im Team mit brachialen Riffs in andere Sphären geschickt – hier wird gekonnt mit Zuckerbrot und Peitsche gespielt, PITS IN THE NURSERY sind wahre Meister darin und noch dazu hörbare Perfektionisten. Jeder Hauch und jede Betonung sitzt, alles scheint bis in Zehntausendstel durchdacht und aufeinander abgestimmt zu sein. Selbst das weit auslaufende Ende von „Your Dream’s Not Mine“ scheint genauso sein zu müssen und trotz tantrischer Wiederholung, kann man als Hörer jeden Ton, jeden Hall und jeden einzelnen Schlagzeugschlag nachvollziehen.
Statt grundsätzlich erstmal alles rücksichtslos aus dem Weg zu knüppeln, schicken PITBULLS IN THE NURSERY ihre Arrangements in ein Spiegelkabinett, drehen die Rhythmen auf links, überraschen, narren dich vorne und klopfen dir im nächsten Moment heimtückisch grinsend von hinten auf die Schulter. Fans von HACRIDE und GOJIRA werden die Band sowieso schon kennen – ihr dürft blind zugreifen und alle anderen, die Lust auf eine packende musikalische Reise haben, ebenfalls. Ein wirklich heftiges und ausgereiftes Abenteuer mit vielen Wendungen, Falltüren, Bösewichten und einer Menge Zauber. Überwältigend!
Wirklich saugeiles Teil. Kannte die Band bis dato gar nicht. Danke für den Tipp. Ist bestellt