Phlebotomized - Deformation Of Humanity
Review
Vorab gleich mal ein herzliches „Willkommen zurück!“ ins südliche Holland, wo die Avantgarde-Deather von PHLEBOTOMIZED zu Hause sind. Denn die kredenzen uns nun sechs Jahre nach der Reunion und stolze 21 nach dem letzten Album endlich ihr neues Werk „Deformation Of Humanity“. Doch was lange währt, wird ja manchmal doch so richtig gut.
Und PHLEBOTOMIZED bieten dem aufgeschlossenen Hörer nach wie vor Melodic Death mit progressiven Elementen und regelrecht ausschweifenden Parts. Das Spektrum ist wie gehabt sehr breit angelegt und beeindruckt mit einer unheimlich dichten Atmosphäre. Dabei geht man in die experimentelle Richtung nicht so weit wie beim Zweitwerk „Skycontact“ (1997), mit dem damals doch viele Fans (inklusive des Redakteurs) so ihre Probleme hatten. Man orientiert sich anno 2018 viel mehr am meisterhaften Debüt „Immense Intense Suspense“. Die Basis ist also schon irgendwie Death Metal, aber die Band geht nie den geraden Weg durch einen Song, sondern sucht immer wieder links und rechts des Pfades nach neuen Abenteuern.
PHLEBOTOMIZED mit einem meisterhaften Stück Avantgarde Death
Schon ab dem Opener „Chambre Ardente“ merkt man, wie ideenreich und detailverliebt PHLEBOTOMIZED zu Werke gehen. Immer wieder findet man diese feinen fließenden Übergänge von harschen Passagen hin zu Parts mit atmosphärischer Untermalung. Und ab „Descend To Deviance“ kommt dann auch ab und zu die altbekannte Violine sporadisch zum Einsatz.
Generell stimmt das Mischverhältnis von Härte und Bombast sowie von Eingängigkeit und Progressivität absolut. So konzentriert sich „Eyes On The Prize“ mit seinem teilweise schon harschen Geknüppel und Gekeife ganz klar auf das Death im Metal. Die sehr gefühlvolle Halbballade „My Dear,…“ hingegen bietet phasenweise sogar zweistimmigen Klargesang. Außerdem sorgt hier nicht zuletzt erneut die Violine für eine herrlich unkitschige Melancholie.
Ein Song wie „Desideratum“ demonstriert dann eindrucksvoll, dass selbst die Schublade Avantgarde Death manchmal fast schon zu klein für PHLEBOTOMIZED ist. Hier schocken die Holländer mit einer Art Dancefloor-Passage. Aber irgendwie passt sogar das ins Gesamtbild, und die Herren dürfen das ganz einfach.
Scheiß doch auf Konventionen, wir gehen einfach unseren Weg
Unbedingt lobend erwähnen sollte man auf jeden Fall auch das bereits vorab veröffentlichte „Proclamation Of A Terrified ‚Breed'“, mal wieder gesegnet mit eingängiger Wucht und einem regelrecht einfräsenden Refrain. Und auch der Titelsong weiß absolut zu begeistern. PHLEBOTOMIZED präsentieren hier nochmals eine beachtliche Bandbreite und große Melodien im Wechsel mit angenehm drückender Härte.
Manche Parts auf „Deformation Of Humanity“ brauchen etwas Zeit, bis man sie verstanden hat, andere wiederum zünden umgehend. Und vielleicht genau deshalb bietet die Scheibe permanente Spannung auf hohem Niveau. Ganz sicher wird nicht jeder mit den doch recht häufig eingesetzten Keyboards klar kommen. Aber hier agieren sie nicht nur äußerst songdienlich, sondern gehören ganz einfach zur Mucke dazu.
Cool, dass es eine solche außergewöhnliche Kapelle wieder gibt, die sich auch mal etwas traut. Die nicht nur über den Tellerrand schaut, sondern auch springt. Scheiß doch auf Konventionen, PHLEBOTOMIZED tun auch zwanzig Jahre später einfach immer noch das, was sie wollen. Das ewige Warten auf „Deformation Of Humanity“ hat sich definitiv gelohnt. Und eigentlich sind ja die Comebacks am allerschönsten, von denen man schon gar nicht mehr zu träumen wagte. PHLEBOTOMIZED gehen nach wie vor ihren ganz eigenen Weg, und das ist verdammt gut so.
Phlebotomized - Deformation Of Humanity
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Death Metal, Progressive Death Metal |
Anzahl Songs | 11 |
Spieldauer | 51:00 |
Release | 21.12.2018 |
Label | Hammerheart Records |
Trackliste | 1. Premonition (Impending Doom) 2. Chambre Ardente 3. Descend To Deviance 4. Eyes On The Prize 5. Desideratum 6. My Dear,… 7. Proclamation Of A Terrified „Breed“ 8. Until The End 9. Deformation Of Humanity 10. Until The End – Reprise 11. Ataraxia II |