Album Nummer drei seit der Reunion zeigt die niederländischen Fusion-Deather PESTILENCE mal wieder in neuer Besetzung: Neben Patrick Mameli und Patrick Uterwijk sorgen auf „Obsideo“ nunmehr der Australier David Haley und Georg Maier aus Deutschland für ein vielseitiges Gerüst für die Saitenfraktion. Und wenn man Patrick Mamelis großspurigen Ankündigungen Glauben schenken mag, katapultiert gerade der australische Drummer die Niederländer in neue Sphären.
Selbstbewusste Worte, die angesichts des nicht übermäßig gut rezipierten Vorgängeralbums gewisse Erwartungen wecken. Aber auch irritieren, denn die beiden größten Negativpunkte von „Doctrine“ waren ja der jämmerliche Gesang und der allzu massive Sound, und beides haben PESTILENCE bei „Obsideo“ wieder ins Lot gerückt. Nach wie vor benutzen die Niederländer achtsaitige Gitarren, aber die Abmischung zwischen den Instrumenten ist diesmal wesentlich harmonischer. Und wenn bislang Jeroen Paul Thesseling am Bass für die notwendige Extrovertiertheit gesorgt hat, ist es jetzt halt Drummer David Haley.
Viel interessanter ist jedoch, ob PESTILENCE beim Songwriting eine Schippe draufgelegt haben, doch in dieser Hinsicht ist „Obsideo“ einigermaßen ernüchternd: Die zehn Tracks werden souverän und virtuos runtergezockt, aber so richtig bleibt kein einziger Titel im Gedächtnis hängen. Da gibt es zwar den flott nach vorne preschenden Opener „Obsideo“, das offensiv geriffte „Aura Negative“ und das beklemmende „Laniatus“. Bei den anderen Titeln hat man aber das Gefühl, dass Mameli und Co. alle Ideen in die Soli gesteckt haben. Die zehn Tracks rauschen in knapp 35 Minuten durch, ohne übergreifende Struktur, ohne Aha-Erlebnisse, ohne Höhepunkte.
Natürlich kann man bei „Obsideo“ die Fingerfertigkeit, die Virtuosität und meinetwegen die Genialität der Musiker hervorheben, aber das Album hat kaum Atmosphäre, etwas, das gerade die alten Alben ausgezeichnet hat. Es gibt nicht einmal so viele Hooks wie auf dem Vorgängeralbum. Insofern ist „Obsideo“ einigermaßen enttäuschend, gerade für Fans – es ist ein Album, das in erster Linie Musiker anspricht.
Also ich habe auch erst gedacht (o je), aber ich hab mir das Album jetzt wieder rausgeholt und muss meine negativen bedenken über Bord schmeißen. In diesem Album steckt sehr viel mehr und wird von mal zu mal zugänglicher und besser.