Pensées Nocturnes - Douce Fange

Review

Galerie mit 16 Bildern: Pensées Nocturnes - Ladlo Fest 2018

Die Irren Franzosen PENSÉES NOCTURNES sind zurück und liefern mit “Douce Fange” ihr mittlerweile siebtes Album ab. Wer mit dem bisherigen Schaffen der Band vertraut ist, weiß ungefähr was einen erwartet. Alle anderen seien gewarnt. Auf den insgesamt 9 neuen Stücken entfesselt Mastermind Vaerohn eine weitere bizarre Klanglandschaft aus Zirkusmusik, Jazz, Musette und sogar Tango mit seiner gewohnten Mischung aus klassisch angehauchtem depressivem Black-Metal-Wahnsinn. Wobei Black-Metal-Puristen jetzt zu lesen aufhören könnten, denn das pompöse Treiben von Tango-Akkordeons mit Black-Metal-Blastbeats und übertrieben dramatischem Gesang könnte sie bereits nach den ersten Klängen die Stopptaste betätigen lassen.

“Douce Fange” ist avangardistische Zirkusmusik mit Blast Beats

PENSÉES NOCTURNES bieten uns erneut ein avantgardistisches und monumentales Werk: eine Art Black-Metal-Zirkus. Hier kommt das abgedrehteste Zirkusorchester, das es je gegeben hat. Ein groteskes und verdorbenes Orchester, in dem Wahnsinn und Brutalität aufeinandertreffen, in dem sich rhythmische und arhythmische Momente, Melodie und Dissonanz vermischen, nicht zu vergessen der Gesang des betrunkenen Zirkusdirektors, die gequälten Chöre und der Säuferchor. All diese Merkmale werden mit einem Akkordeon, Blasinstrumenten und anderen noch verrückteren Instrumenten gemischt. Es versteht sich von selbst, dass PENSÉES NOCTURNES eine sehr gewöhnungsbedürftige Band ist und man sie nicht wirklich als Black-Metal-Band bezeichnen sollte, obwohl Black-Metal-Klänge Teil des Konzepts sind. Sie nutzen eine düstere und doch ironische Art und Weise, um ihre Themen aus der alten Welt mit dem Aufruhr der heutigen Zeit in tiefsinnigen, vollständig auf Französisch geschriebenen Texten zu verbinden und zu präsentieren.

“Douce Fange” liefert vielleicht den ersten Black-Metal-Tango

“Douce Fange” hat zwar alle Elemente übernommen, die PENSÉES NOCTURNES zu dem gemacht haben, was sie heute sind, aber sie scheinen noch mehr ethnische Klänge hinzugefügt zu haben. Das eklatanteste Beispiel dafür sind die argentinischen Tango-Klänge auf der ersten Single des Albums “Le Tango Du Vieuloniste”. Dieser Track liefert trotz seiner Musikalität eine reichliche Dosis clownhafter Absurdität, stellt aber auch ein Highlight des Albums dar und sollte sogar als Anspieltipp herangezogen werden. Ein Song der wirklich rund und in sich abgeschlossen ist. Weiterhin gibt es einige gesprochene Wortdialoge aus einer ungenannten Quelle, viel verzweifeltes Geschrei und einen nicht enden wollenden Vorrat an Black Metal, der sich in die karnevalesken Einschübe hinein- und wieder herauswindet. Im weiteren Verlauf wird “Douce Fange” zu einem noch avantgardistischeren Erlebnis, das den uneingeweihten Hörer in kürzester Zeit wahrscheinlich das Weite suchen lässt.

Zu 100% verrückt

Die Einleitung von “Viens Tâter D’mon Carrousel” trieft nur so vor Ranz, Pomp und Feierlichkeiten, bevor der Song richtig abgedreht und wunderbar wird. Melodien tanzen in einem typischen Zirkuswalzer über perkussive Klänge und unter verrückten Gesangseinlagen. Das ist vertraut und gleichzeitig völlig entnervend. Ein Konzept, das sich auch in “Quel Sale Bourreau” fortsetzt. “Douce Fange” setzt seinen Weg des Chaos fort, die Klänge sind eine Kombination aus skurrilem sich windenden Gesang, nostalgischer Melancholie und einer klaren Dosierung von Black Metal. Wenn wir tiefer in die fünfzigminütige Laufzeit des Albums eintauchen, lehnen sich Tracks wie “Gnole, Torgnoles et Roubignoles” weiter an die klassischen Wurzeln der Band an.

Vorher setzt “Fin Défunt” die Schrulligkeit des Albums fort. Skurrile gesprochene Worte werden über einen zappelnden Rhythmus gelegt. Die Melodie läuft frei von Fantasie, aber es gibt immer Raum für gebrüllte Schreie, stampfenden Kontrabass und verdrehte Gesänge.

Keine leichte Unterhaltung

Wie man sich vorstellen kann, ist das ganz sicher keine leicht zu konsumierende Kost. Diese ganzen dissonanten Klänge, das jazzige und die scheinbar keiner klaren Linie folgenden Songstrukturen können einen nach fast 50 Minuten völlig erschlagen zurücklassen. Aber es gibt eine Menge zu entdecken für die Fans der schrägen und verrückten Musik. Dieser Zirkus mag von Vorhang zu Vorhang ein Spektakel sein, vielleicht verlässt man aber sogar vorzeitig das Zelt und fragt sich, was zum Teufel gerade passiert ist.

Etwas zu unausgewogen

Im Vergleich zu früheren Alben scheint “Douce Fange” aber ein wenig aus der Spur geraten zu sein, da das 2019er Album „Grand Guignol Orchestra“ im Nachhinein ausgewogener war. Einer der Nachteile hier ist, dass der Black Metal zu sehr verwässert wurde, mit einem Ansturm von psychedelischen Orgeln, Zirkusmusik-Effekten und einer ununterbrochenen Zurschaustellung von Folk-Stimmungen im direkten Gegensatz zur depressiven Black-Metal-Düsternis. Es bietet sicherlich eine einzigartige Originalität, aber es scheint das bisher am wenigsten fokussierte Album dieser außergewöhnlichen Band zu sein, vor allem, wenn verirrte jazzige Saxophon-Krächzer ohne jeden klaren Kontext die Szene betreten.

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04.02.2022

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4 Kommentare zu Pensées Nocturnes - Douce Fange

  1. nili68 sagt:

    Den letzten Absatz im Review fasse ich mal als Kaufempfehlung für Connoisseurs auf.. und als Abscchreckung für Dorf-Metaller. 😛
    😉

  2. deadguy sagt:

    Nachwievor mein Album des Jahres des letzten Jahr. Mehr Wahnsinn, Verrücktheit und Weirdness geht echt nicht und das beste: spannende Songs können sie auch schreiben.

  3. deadguy sagt:

    Mal wieder Wertung vergessen *facepalm*

    10/10
  4. Watu sagt:

    Ja, klingt wie Finntroll mit „Arsch in der Hose“, unbändiger Kreativität und einem großen Hang zum generellen Wahnsinn.