Das Album ist zwar „Individualism“ betitelt, aber so wirklich individualistisch zeigen sich die Brasilianer PATRIA auf ihrem fünften Langwerk nicht – stattdessen tauchen immer wieder Verweise auf die großen Namen des Black Metals auf, immer wieder fühle ich mich an diese oder jene Band erinnert. Das muss sicherlich nicht immer schlecht sein, schließlich kann der finstere Black Metal der Band durchaus eine gewisse morbide Atmosphäre erzeugen, und natürlich gibt es weitaus schlechtere Bands da draußen – aber PATRIAs deutlich skandinavisch angehauchte Spielweise ist weder allzu innovativ, noch allzu eigenständig.
Und das, obwohl eigentlich alles auf „Individualism“ gelungen ist: Die Produktion klingt sauber, aber nicht steril, die Songs sind einigermaßen abwechslungsreich, aber nicht überladen, die Musik ist technisch gesehen hervorragend komponiert und eingespielt, aber nicht zu steif und kopflastig. Kurz gesagt, obwohl hier und dort ein paar unbedarfte Lichtblicke durchscheinen (zum Beispiel „Uncrowned God Of Light“), wirken PATRIA auf „Individualism“ sehr professionell und irgendwo auch erwachsen. Das bringt nur leider auch oft ein gewisses Maß an Langeweile mit sich, so auch im Fall von „Individualism“: Es fehlt an Spontaneität und an diesem speziellen Gefühl, dass etwas wirklich Ungezügeltes und Unzähmbares entfesselt worden sei, von dem so viele Black-Metal-Klassiker dieser Art leben.
Das war es allerdings auch schon an Kritik, denn ansonsten machen PATRIA, wie bereits gesagt, eigentlich nichts falsch. Die Musik zitiert und verbeugt sich vor so manchem großen Werk des skandinavischen Black Metals, mal schauen die Brasilianer dabei eher gen Norwegen (Einflüsse von MAYHEM und auch URGEHAL meine ich zum Beispiel in manchen Riffs herauszuhören), mal eher in Richtung Schweden („Outrage“ bietet ein wenig Riffing im Stile jüngerer WATAIN, auch „Draco Sit Mihi Dux“ von ONDSKAPT haben die Köpfe hinter PATRIA wohl ein paar Male gehört). Das tun sie meist geradlinig und melodisch, hin und wieder auch ein wenig verschroben; insgesamt ist „Individualism“ auf jeden Fall ein Album, mit dem man seinen Spaß haben wird, wenn man auf den finsteren, morbiden Teil des skandinavischen Black Metals steht, aber ein wenig Melodie nicht verachtet.
Somit ist „Individualism“ auf jeden Fall ein zweischneidiges Schwert: Eigenständigkeit und Individualismus (wenn im Titel schon darauf hingewiesen wird) gibt es eben wenig, das meiste auf diesem Album hat man hier und dort schon gehört. Und ja, es hätte darüber hinaus auch ein wenig ungezügelter zugehen dürfen. Trotzdem ist PATRIA ein Album geglückt, das Freunden der oben genannten Bands sicherlich gut reingehen wird.
Manchmal wünscht man sich, halbe Noten zu haben … in diesem Fall wäre die 6,5/10 perfekt gewesen. Letztlich verhindern die ein, zwei größeren Kritikpunkte die sieben Punkte, aber viel hat auf jeden Fall nicht gefehlt.
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