Der Etikettenwahnsinn durch den Druck auf dem Musikmarkt ist ja die eine Sache, originelle Auswüchse wie im vorliegenden Falle die andere: Als „Electro Ambient für Turmdrehkranführer“ wird die Nische, in der sich die Herren Wolff und Murdock von der PATENBRIGADE: WOLFF eingerichtet haben, bezeichnet. „Demokratischer Sektor“ nennt sich deren neueste Vorstellung und entpuppt sich hauptsächlich als Rückblick auf vier vergangene Schaffensjahre.
Neue und weniger neue Stücke reihen sich hier wieder, wie von der PATENBRIGADE: WOLFF gewohnt, nahtlos aneinander. Mehr Elektro, weniger Ambient: Das beweisen vor allem die Club-Remixe, die „Demokratischer Sektor“ durchweg zieren. Man mag dem Duo anrechnen, dass wieder einmal die Übergange zwischen den Stücken den Hörfluss nicht unterbrechen, allerdings unterstellt das, man könne „Demokratischer Sektor“ mit großem Vergnügen an einem Stück hören – doch dafür ist es definitiv zu lang und bietet zu wenig Abwechslung. Eigentlich wird vor allem solide Standardkost geboten: Man macht sicherlich nichts falsch, aber Berge werden so nicht versetzt. Natürlich standen auch hier wieder KRAFTWERK mächtig Pate: Bei „Turmdrehkran“ kann einem einfach nichts anderes als „Autobahn“ einfallen, Vocoderbenutzung inklusive. Auch KLAUS SCHULZE macht sich hier und da noch, trotz der insgesamt rhythmusbetonteren Arbeit, in den Synthesizern bemerkbar – Altbewährtes führt natürlich auch 2008 nicht zur Katastrophe.
Zur eigenen Note soll der PATENBRIGADE: WOLFF vor allem der, nun, Baustellenflair verhelfen, sofern man da von Flair reden kann. Das ganze wird mit DDR-Ästhetik verbunden, man darf sich also Ulbrichts Rede über den nicht geplanten Mauerbau zum schlagmichtot-wievielten Male anhören, es ist von „Stalinallee“ und „Schussbefehl“ die Rede. Genauso allerdings vom „Maurerradio“, Krantransporten und und Gefahrstoffen: Zu den beiden letzteren Themen erläutert wieder Sara Noxx in aller Ausführlichkeit, was zu tun sei, kann die Thematik naturgemäß allerdings auch nicht sonderlich interessant gestalten.
Auch in dieser fast schon kindlichen Begeisterung liegt wieder eine gewisse – zeitversetzte – Parallele zu KRAFTWERKs visionärer „Computerwelt“, in der erschreckend viele Tendenzen vorgezeichnet wurden. Wo da der Unterschied in der Relevanz liegt, dürfte sofort ersichtlich sein. Die Sozialismusverweise erinnern eher an eine gezähmte (und weniger belangreiche) Variante der Naziästhetik härterer Genregenossen, können aber ebenfalls nicht über die sich im Verlauf des Albums zunehmend einstellende Gleichförmigkeit hinwegtäuschen.
Wer nicht vollständig bei den eventuellen Baustellenträumen seiner Kindheit verweilen konnte, wird an „Demokratischer Sektor“ nicht übermäßig viel Hörenswertes finden, auch wenn wir es hier mit durchaus gutem Handwerk zu tun haben. Das eine oder andere Stück weiß sicher zu gefallen, dazwischen findet sich aber allerlei Belangloses. Wer das Wagnis einmal auf sich genommen und „Demokratischer Sektor“ am Stück durchgehört hat, dürfte in aller Regel vorerst aber genug von Baustellen haben.
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