Einen herrlich nostalgischen Trip zurück in die eigene Jugend verschaffen mir derzeit PARADISE LOST, deren erstes Album „Lost Paradise“ mir damals viele wunderbar düstere, bittersüße Stunden bescherte. Diese haben soeben, nach ihrem über 20jährigem Bestehen, mit „Drown In Darkness – The Early Demos“ ihre eigene Embryonalphase zum ersten Mal auf CD veröffentlicht. Hierauf befinden sich die Songs der beiden Demos „Paradise Lost“ von 1988, „Frozen Illusion“ sowie den „Plains Of Desolation“ Live Bootleg, beides von 1989. Man kann nun Zeuge werden, wie einige der „Lost Paradise“ Stücke in ihren rohen Urfassungen klangen.
Was für einen unglaublichen stilistischen Wandel PARADISE LOST im Laufe der vielen Jahre vollzogen haben, wird hier mal wieder eindrucksvoll klar. Wer mit den Frühwerken der Engländer nicht vertraut ist, wird beim ersten Anhören von „Drown In Darkness – The Early Demos“ eine böse Überraschung erleben. Von Gothic Metal und Rock ist hier noch keine Spur, geschweige denn von irgendwelchen elektronischen Spielereien oder klarem Gesang.
Vor allem das „Paradise Lost“ Demo ist noch purer, sehr roher, direkter und brutaler Underground Death Metal der typisch englischen Sorte, mit tiefen Deathgrunts, simplen Riffs und grimmiger Atmosphäre, ohne viel Firlefanz. Ziemlich kultig, wie sich die späteren Erfinder des Gothic Metals hier noch recht unspektakulär, dafür aber mit viel Charme und viel Authentizität durch die drei Stücke „Drown In Darkness“, „Internal Torment“ und „Morbid Existence“ rumpeln, krachen und holpern. Selbstredend, dass die ersten musikalischen Gehversuche noch von einigen Timingschwankungen und etwas musikalisches Chaos geprägt sind. Professionalität klingt anders, Leidenschaft hingegen nicht.
Das richtige Gespür für Melodie und den ersten Anklang düstergotischer Atmosphäre kam dann einige Monate später mit dem „Frozen Illusion“ Demo. Hier zeigten sich PARADISE LOST schon deutlich gewachsen, spielten nun zwar immer noch brutalen, aber mit schweren Riffs, vielen dunklen Melodien und schleppenden Rhythmen versehenen Death Doom. Der erste Schritt zu einem eigenständigen, individuellen Stil war getan. Schon hiermit sollten sie später hunderte von Bands beeinflussen. Wie sehr sich die Band in dieser kurzen Zeit weiterentwickelte, hört man vor allem der neuen, deutlich verbesserten Version von „Internal Torment“ an, welche nun wirklich packend ist.
Abschließend sind noch 6 Live-Songs vom „Plains Of Desolation“ Bootleg mit einem Auftritt aus Liverpool vom 18. März 1989 als Bonus enthalten. Erstaunlich, wie differenziert hier der Sound ist, ich kenne zig Live-Bootlegs späteren Datums, welche deutlich übler klingen. Auch hier zeigt sich an „Drown In Darkness“ vom ersten Demo, dass die Band inzwischen besser zusammenspielen kann und an ihren Instrumenten gewachsen ist. Und was würde ich dafür geben, wenn Nick Holmes nochmal so nett seine Ansagen growlen würde wie damals!
Die limitierte Veröffentlichung kommt passend im old school Vinyllook daher und ist mit Liner Notes von Nick Holmes sowie den Covern der beiden Demos versehen. Von den Demotracks sind ebenfalls noch die Songtexte enthalten. Ich hätte mir allerdings noch viele alte Fotos von den Anfangstagen gewünscht und vielleicht auch noch die Abbildung des Flyers zu dem Liverpooler Auftritt (falls es einen gab), das hätte das Ganze noch zusätzlich aufgewertet.
Der Sound kann selbstredend absolut nicht mit heutigen Veröffentlichungen mithalten. Das braucht er allerdings auch gar nicht. Wir haben es hier schließlich mit Demos zu tun, welche Ende der Achtziger in einem Undergroundstudio aufgenommen worden sind. Da stößt dann auch das digitale Remastering an Grenzen.
„Drown In Darkness – The Early Demos“ ist eine tolle CD für alte PARADISE LOST Fans sowie Anhänger des ursprünglichen, ganz frühen Underground Death Metals. Schön zu sehen und zu hören, dass die Briten inzwischen wohl deutlich lockerer mit ihrer eigenen Vergangenheit umgehen. Nachdem nun auf den Konzerten wieder „Eternal“ und „Gothic“ Einzug in die Setlist gehalten haben, macht diese Veröffentlichung durchaus Sinn, mit welcher sicherlich viele alte Anhänger der Band zufrieden gestellt werden können. Und wer weiß, vielleicht spielen sie ja auch irgendwann mal was vom Debütalbum live?
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