Wem vertraust du?
Wem kann man überhaupt noch vertrauen? Den Medien, den Politikerinnen und Politikern, der eigenen Familie oder vielleicht doch nur dem eigenen Verstand? Man kann sich viele Gedanken um den Albumtitel “Who Do You Trust?“ von PAPA ROACH machen. Während es Gitarrist Jerry Horton in unserem Interview eher knapp ausdrückte, birgt der Titel hohes Interpretationspotential. Ob PAPA ROACH die passende Musik für diese Gedanken liefern können?
Leider muss man klar sagen: Nein, das können sie nicht. “Who Do You Trust?“ fehlt dafür Druck, Energie und Stringenz. Der Opener “The Ending“ ist sicherlich eine coole Alternative-Nummer, verstreicht nur leider ohne großes Highlight. Es fehlt der Biss, den man von einem Opener für ein Album mit einem derart vielversprechenden Titel erwartet. Diese Art von beinahe langweiligen Songs findet man auf der kompletten Platte. “Elevate“, der zwischen schwachen Rap-Parts und aufdringlichem, fast nervigem Radio-Pop hin und her springt überzeugt genauso wenig wie die Ausflüge in Richtung Pop-Punk, wie etwa in “Feel Like Home“. Dabei ist Popmusik als stilistischer Einfluss per se nichts Schlechtes. “Problems“ ist beispielsweise eine melancholische Nummer mit simplem, aber emotionalem Text, eingebettet in stimmige Pop-Arrangements.
Komplette Enttäuschung von PAPA ROACH?
Beinahe könnte man das Gefühl bekommen, dass man es hier mit einer absoluten Nullnummer zu tun bekommt. Doch dem ist mit Nichten so, schließlich befinden sich auf “Who Do You Trust?“ zwischen einigen enttäuschenden Songs einige richtige Brecher. “Renegade Music“, der nach dem ernüchternden Opener platziert ist, zeigt PAPA ROACH in Höchstform. Deutlich kraftvoller und wütender rotzt sich die Nummer in die Gehörgänge und wird live mit Sicherheit zur unverzichtbaren Hymne. Sollte dem nicht so sein, so sollten PAPA ROACH ihre Setlist überdenken, denn “Renegade Music“ ist ein absolutes Highlight in der Diskografie der Band. Der mit amüsantem Video veredelte Titeltrack geht in eine ähnliche Richtung und überzeugt auch nach mehrmaligem Hören.
Generell scheinen PAPA ROACH ein gutes Gespür für Singles zu haben, denn auch die Auskopplung “Not The Only One“ zeigt die Stärken einer Band, der man in Sachen Abwechslungsreichtum nichts vormachen kann. Süßliche Pop-Gitarren treffen auf energetischen Dupstep-Rock und einen einfachen, aber ansprechenden Text, der wohl dem einen oder anderen Fans aus der Seele sprechen wird. Wenn man von Abwechslung in den Songs spricht, darf das kleine Schmunzeln, welches bei “I Suffer Well“ über die Gesichter der Hörerschaft wandern wird, nicht unerwähnt bleiben. Die Nummer sticht allein schon aufgrund ihrer 1:21 Minuten Länge heraus und besteht aus schnellem, rotzigen Punk, der so gar nicht zum Rest des Albums passen will und gerade daher mehr als angemessen platziert ist.
Das Auf und Ab der Songqualität
“Who Do You Trust?“ hat ohne Frage seine Stärken, die angesprochenen hohen Erwartungen kann es jedoch nicht erfüllen. Die Texte sind häufig eindimensional, die Musik wirkt an vielen Stellen, als müssten PAPA ROACH bei aller Leidenschaft für stilistische Experimente ihren eigenen Stil noch finden und insgesamt schwankt das Album zwischen Killer-Songs und Nieten zu oft hin und her. Daher kommt “Who Do You Trust?“ nicht über Mittelmaß hinaus.
Nach diesen fulminanten Openern schlagen Papa Roach eine ruhigere Saite an, vergleichbar mit ihrem Album „FEAR“, nur um dann mit dem hardcoreesken „I suffer Well“ die Ruhe zu brechen und das Tempo anzuheben.
Alles in Allem ist „Who do you Trust?“ ein starkes Album mit vielen Stilwechseln.